Tochter die Finger gebrochen
Im Verfahren gegen den Mann aus Velbert, der seine Frau getötet haben soll, wurde am Donnerstag dessen Tochter befragt.
Velbert/Wuppertal. Sie spricht mit leiser, brüchiger Stimme. Zwischendurch ist die 19-Jährige kaum noch zu verstehen.
Bei einigen Nachfragen des Vorsitzenden Richters Robert Bertling zittert die Tochter der im Januar dieses Jahres mit 21 Messerstichen getöteten Frau aus Velbert-Langenberg (die WZ berichtete) am ganzen Körper. In anderen Momenten hingegen wirkt sie gefasst und beschreibt detailreich die Zustände in ihrer Familie und das Verhältnis zu ihrem Vater (53).
Dieser hat die Tat bereits in der polizeilichen Vernehmung zugegeben. Das Gericht muss nun vor allem die Frage klären, ob der Angeklagte Wolfgang S. aus Habgier oder mit Heimtücke handelte, als seine Frau ihn nach 32 Ehejahren verlassen wollte. In diesem Fall droht ihm eine Verurteilung wegen Mordes, anderenfalls könnte das Urteil auf Totschlag lauten.
Ein direktes Aufeinandertreffen zwischen Tochter und Vater gab es am Donnerstag vor dem Wuppertaler Landgericht nicht. Wolfgang S. verfolgte die Aussagen seines zweitjüngsten Kindes — er hat zwei Söhne und zwei Töchter — via Monitor aus einem anderen Saal, nachdem die 19-Jährige angekündigt hatte, anderenfalls von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch zu machen.
Die Schülerin, die bis zur Tat die zwölfte Klasse eines Berufskollegs besucht hat, sprach von einer „sehr angespannten Atmosphäre“ zwischen ihren Eltern. Es sei andauernd gestritten worden, oft über Kleinigkeiten. Dabei sei es regelmäßig zu gewalttätigen Übergriffen gekommen. „Er hat meine Mutter über Jahre hinweg immer wieder geschlagen“, berichtete die junge Zeugin.
Sie selbst habe in solchen Momenten nicht eingegriffen: „Ich hatte Angst. Ich weiß, wie hart mein Vater austeilen kann.“ Die 19-Jährige ist nach eigenen Aussagen ebenfalls „fast täglich“ geschlagen worden. „Er hat mich morgens aus dem Bett geprügelt, wenn ich nicht aufstehen wollte.“ Einmal habe er dafür sogar eine Holzlatte verwendet.
Die junge Frau berichtete außerdem von einer Situation, in der ihr der Vater zwei Finger gebrochen habe. „Als ich am nächsten Tag aus dem Krankenhaus wiederkam, hat er gegrinst und gesagt, dass ich mich nicht so anstellen soll.“
Auch sei sie von ihrem Vater angespuckt, mit Eistee überschüttet und beschimpft worden. Zwar habe sie auch mit ihrer Mutter immer wieder Streit gehabt, „aber insgesamt war das Verhältnis zu ihr deutlich besser“.
Dass die 50-Jährige ausziehen wollte und eine neue Wohnung hatte, wusste die Tochter. „Ich habe ihr geholfen, Dinge aus dem Haus zu schaffen.“ Ihr Vater habe das gemerkt und geahnt, dass seine Frau gehen wollte.
Offen gedroht habe der Vater in Gegenwart der Tochter nicht. „Er hat aber von einem Artikel geredet, in dem es um einen Mann ging, der seine Frau erstochen hat. Mein Vater hat gesagt, dass diese Frau das verdient hat“, erinnert sie sich.
„Er hat angekündigt, dass er meine Mutter finden wird — egal, wo sie sich aufhält. Sie hatte zwar Angst, hat aber gedacht, dass sie bis zum Umzug durchhält.“ Die Bluttat ereignete sich am 23. Januar — fünf Tage vor dem geplanten Umzugstermin.
Der Prozess wird am 23. Oktober fortgesetzt.