Acht Varianten erzählen eine Szene

Das Theater Minestrone gewährt im neuen Stück „Gretchen 89ff“, in Anlehnung an Goethes Faust, einen Blick hinter die Kulissen.

Foto: Theater Minestrone / Steffi Nickel

Wülfrath. Erst weiß Birgit Kowalski nicht so recht, ob sie das tun soll, was dieser etwas übergriffige Regisseur mit Wiener Dialekt ihr so vorgibt. Von allem will er ein bisschen zu viel — einschließlich Tiefe ihres Dekolletés. Als sie ihm dann doch Folge leistet, kommt von ihm nur ein schmähiges „Du kannst es ja doch.“

Birgit Kowalski ist die Rolle, die Christina Drenker im neuen Stück des Theaters Minestrone verkörpert. Auf der Bühne zeigt die Gruppe acht Varianten einer Szene, die dem geübten Theaterbesucher bekannt sein könnte: die „Kästchenszene“ aus dem „Faust“ von Johann Wolfgang Goethe.

Sandra Leidig Diekmann, Vorsitzende des Vereins Theater Minestrone

Die Szene also, in der Gretchen das Schmuckkästchen entdeckt, das Faust mit Mephisto zuvor in ihrem Schlafzimmer versteckt hat. Doch die Schauspieler spielen nicht etwa die Szene immer wieder, sondern zeigen jeweils eine Darstellerin, die sich mit einem Regisseur auf die Szene vorbereitet. Spiel im Spiel also — oder ein Blick hinter die Kulissen des Theaters?

„Das sind natürlich alles Stereotype, die man vielleicht eher an größeren Häusern als in einer Gruppe wie unserer findet“, sagt Sandra Leidig Diekmann, Vorsitzende des Vereins Theater Minestrone. Da ist die Anfängerin oder die Diva auf Seite der Schauspielerinnen oder zum Beispiel der Streicher, dem der Text nicht gefällt, und der alles anders machen will, auf der Seite der Regisseure.

So entstehen acht Szenen, die alle etwas Besonderes für sich haben. Seit Mai vergangenen Jahres probt die Gruppe etwa einmal pro Woche an dem Stück von Lutz Hübner, einem der meistgespielten, noch lebenden deutschen Theaterautoren. „Ein Geheimtipp ist das vielleicht nicht“, sagt Daniel Diekmann. Spaß mache das Stück trotzdem.

Und darum gehe es — gerade bei einer Laiengruppe wie dem Theater Minestrone. Seit Anfang der 90er Jahre treffen sich die Schauspiel-Begeisterten regelmäßig und bringen Stücke auf die Bühne. Anfangs noch als städtische Theatergruppe, seit 2010 als Verein. Auch eine Jugendgruppe gibt es — ein paar davon spielen auch in der neuen Inszenierung mit. „Der jüngste ist 16, der älteste 61“, sagt Diekmann.

Künstlerisch geführt wird die Gruppe bei der aktuellen Produktion von Michal Nocon, der studierter Schauspieler ist ein echter Profi. „Wir dachten erst, bei so einem Stück machen wir die Regie selbst — aber es braucht einfach jemanden, der die Fäden zusammenhält“, sagt Sandra Leidig Diekmann.

Daher sei das Ensemble eher für den Rahmen, die Bühne und Ausstattung, sowie die Kostüme zuständig und gibt die Regieverantwortung ab, so dass ein durchgehender roter Faden leichter entstehen kann. Mit Michal Nocon hat die Gruppe schon oft zusammengearbeitet. „Ich habe ihn vor langer Zeit bei einer Weiterbildung für Laiendarsteller kennengelernt“, erinnert sie sich. In den vergangenen 20 Jahren habe er die Darsteller immer wieder begleitet und auch miterlebt, wie jeder einzelne aber eben auch die ganze Gruppe gewachsen ist. Er sagt, er arbeite hier unter ähnlichen Bedingungen, wie an den Häusern, an denen er schon im Einsatz war. „Ich bin hier eher so eine Art Hebamme“, stellt er fest.

Mit der Premiere am Freitag, 2. März, soll es vier Vorstellungen geben (siehe Info-Box). Für alle sind noch genügend Karten da. Sandra Leidig Diekmann vermutet aber aus der Erfahrung der vergangenen Jahre, dass die Vorstellungen am Ende ausverkauft sein werden.