Bunker ist erstmals geöffnet
Ehrenamtler führen am Sonntag durch den Betonbau auf dem Rottberg. Von dort aus wurde im Zweiten Weltkrieg die Krupp’sche Scheinanlage gesteuert.
Velbert. Auf dem Gelände des Bauernhofs Bleckmann im Asbachtal tummeln sich Hühner, Ziegen und Schafe. Kürbis- und Rhabarberbeete reichen bis an einen Bunker heran. Eine Idylle, die vor 70 Jahren noch Grauen war. Beim Tag des offenen Denkmals am 8. September wird dieser Ort erstmals der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Unter dem Motto „Jenseits des Guten und Schönen: Unbequeme Denkmale“ erhält der Bunker an diesem Tag die Denkmalplakette des Landes NRW.
„Der Bunker war ein Leitbunker. Er hatte keine Luftschutzzwecke, sondern war die Schaltzentrale der Scheinanlage auf dem Rottberg“, erklärt Jürgen Lohbeck, der ehrenamtlich als Bodendenkmalpfleger beim Landschaftsverband Rheinland tätig ist. Die Scheinanlage war ein einfacher Nachbau der zehn Kilometer entfernten Kruppstahlwerke — eine Attrappe mit Fabrikhallen, Schornstein und Eisenbahn, die während des Zweiten Weltkriegs Bombenangriffe auf das Essener Werk abhalten sollte.
Zwischen Juli 1941 und Januar 1943 wurden tatsächlich 70 Sprengbomben und Minen sowie mehr als 5000 Brandbomben über dem Rottberg abgeworfen. Erst 1942 wurde die Scheinanlage enttarnt; der Bunker blieb als einziges Gebäude der Anlage erhalten.
Fünf Ehrenamtliche nahmen sich 2012 des Bauwerks an und beantragten eine Eintragung in die Denkmalliste der Stadt. „Wir haben den Bunker gereinigt, die Schießscharten freigelegt, Schlösser angebracht und den Außenbereich begehbar gemacht“, erläutert Lohbeck die Arbeit der letzten Monate. Obwohl etwa 300 Scheinanlagen in Deutschland existierten, „gibt es diesen Bunker bundesweit nicht noch einmal“.
Vorbei an Einschusslöchern geht es durch eine rostige Stahltür in den 30 Quadratmeter großen, leeren Raum. Einziger Farbfleck an der Wand sind zehn Seiten der „Bau- und Betriebsgrundsätze für Scheinanlagen“, die Lohbeck vom Bundesmilitärarchiv in Freiburg erhielt. Der Bunker galt als bombensicher: Die Betondecke ist 1,50 Meter dick, die Wand 1,10 Meter.
Wie die Arbeit hier ablief, lässt sich nur vage rekonstruieren: „Es war eine geheime Anlage, deshalb gibt es keine Bilder“, sagt Kollege Sven Polkläser. „Fünf bis sieben Mann werden hier im Einsatz gewesen sein“, beschreibt Lohbeck das Szenario.
Eine Nische in der Mauer deutet auf die Position der Schalttafel hin. „Von hier aus wurde die gesamte Technik der Anlage gesteuert.“ Unter jeder Sichtscharte stand ein Tisch, von dem das Personal die Umgebung beobachtete. Ein Ofen sorgte für Wärme.
„Wir müssen uns von dem Gedanken befreien, dass Kriegsobjekte kein Recht auf Denkmalschutz haben“, sagt Helmut Grau zum anstehenden Tag des Denkmals. „Wir sind keine Militaristen, die Kriegsandenken sammeln, um sie zu horten“, betont Sven Polkläser, „sondern wir interessieren uns für die Schicksale, die hinter den Fundstücken stecken.“
Der Bunker erinnere an die Bevölkerung, die unter der Scheinanlage für „höher gestellte Werte“ leiden musste sowie an die Schrecken des Bombenkrieges, sagt Lohbeck (51).