Wülfrath Das geschah im Frühjahr in Wülfrath

Wülfrath · Die WZ schaut im zweiten Teil ihres Jahresrückblicks 2020 auf die Ereignisse in den Monaten März bis Juni.

Der Bürgerverein sowie Mitglieder der Wülfrather FDP haben den Ortsteil Flandersbach gereinigt und dabei zahlreiche Blumen gepflanzt.

Foto: Tanja Bamme

März

Im Kreis Mettmann gibt es die ersten Corona-Erkrankten und auch in Wülfrath ist bei einer WZ-Umfrage die Sorge, sowohl mit Blick auf die Belastbarkeit des Gesundheitssystems, zu spüren. Am 12. März gibt es den ersten bestätigten Infizierten in der Kalkstadt. In NRW werden Veranstaltungen mit mehr als 1000 zu erwartenden Besuchern abgesagt. Der Dreck-weg-Tag findet statt, auf das gemeinsame Essen für die Helfer wird aber verzichtet. 950 Aktive sammeln 2,8 Tonnen Müll ein. Familienmesse und Stadtempfang sollten später nachgeholt werden. Es gibt kein „Frühlingserwachen“ von Wülfrath pro für den Handel in der Innenstadt. Erste Jahreshauptversammlungen werden abgesagt. Auch die Schwimmer des TBW und des SC Ware verzichten auf ihren partnerschaftlichen Vergleich. Die Konfirmation soll nach den Sommerferien stattfinden. Ab dem 16. März bleiben die Schulen und Kitas bis zum Beginn der Osterferien geschlossen. Es gibt eine Notbetreuung für Kinder von Eltern aus systemrelevanten Berufen. Das Rathaus schließt für den Publikumsverkehr. Bürger sollen sich nun per E-Mail oder Telefon an die Stadt wenden. Der Stadtrat tagt Ende des Monats erstmals im Paul-Ludowigs-Haus, wo der nötige Abstand zu halten ist. Der Mundschutz erschwert aber die Kommunikation. Gegen die Stimmen der Linken wird der Etat für 2020 verabschiedet. Kämmerer Rainer Ritsche rechnet bis zum Jahresende mit einem Defizit von mehr als drei Millionen Euro. Geschäftsleute und Gastronomen sorgen sich angesichts des Lockdowns um ihre Zukunft. Auch Wülfrather Musiker und andere freischaffende Künstler haben Existenznöte. Essen darf nur noch außer Haus verkauft werden. Die Resonanz für den Lieferservice der Restaurants ist zunächst eher verhalten. Die evangelische Gemeinde organisiert einen Einkaufs- und Bringservice für ältere Wülfrather. Örtliche Unternehmen beantragen die ersten Krisen-Hilfen. Die Lhoist Germany Rheinkalk GmbH kündigt Kurzarbeit an. Jeweils um 19.30 Uhr läuten in Wülfrath die Glocken der evangelischen und katholischen Kirchen als Zeichen der Verbundenheit in der Pandemie. Nicht nur die Gemeinden nutzen jetzt verstärkt Videokonferenzen, Youtube und soziale Medien, um Kontakt zu den Menschen zu halten. Das Team des Kommunalen Ordnungsdienstes ist bei der Überwachung der Kontaktsperre im Dauereinsatz und erhält dabei freiwillig Unterstützung von anderen Kollegen der Stadtverwaltung.

Der Wülfrather Frithjof Kuhlmann, der sich bei den „Parents for Future“ engagiert, hat mit Uta Wittekind zur Melodie von „Bella Ciao“ eine neue Klimaschutzhymne gedichtet, die die Aktivisten von „Fridays for Future“ unter anderem vor der Hamburger Bürgerschaftswahl singen.

Die Sporthalle Fliethe wird dank des Sponsors und Unternehmers Michael Massenberg in „MTC-Sporthalle“ umbenannt.

Benjamin Hann (36), Sicherheitsingenieur im Personalamt des Kreises Mettmann und Aktiver bei der Freiwilligen Feuerwehr Wülfrath sowie dem Tier- und Naturschutzverein Wülfrath, setzt als unabhängiger Bewerber um das Bürgermeisteramt vor allem auf mehr Bürgerbeteiligung und Transparenz.

Die Deutsche Post hat einen Partner für eine neue Filiale, auch mit Postbank-Sevice, in der Stadtmitte gefunden: Eren Kalin wird diese am 4. Mai an der Goethestraße 30 eröffnen.

April

Stadtmarketing und Wülfrath pro richten im Netz eine Plattform ein, auf der Händler und Gastronomen ihre Lieferangebote und Dienstleistungen bewerben können. Das Jugendhaus liefert Bastel- und Spielspaß für Kinder und Familien jetzt in Tüten vor die Haustür. Wülfrath beklagt sein erstes Corona-Opfer: Das Kreisgesundheitsamt Mettmann teilt mit, dass ein 73-jähriger Wülfrather mit Vorerkrankungen am 5. April an den Folgen einer Infektion gestorben ist. Die Osterfeier kann nicht wie gewohnt, sondern nur virtuell stattfinden. So geht die evangelisch-reformierte Gemeinde mit den „Sofa-Gottesdiensten“ auf Sendung in die Wohnzimmer. Die Arbeiterwohlfahrt sucht freiwillige Maskennäherinnen und Material für die Weitergabe von Mundschutzen an Wülfrather Senioren. Auch die islamische Gemeinde will als Pendant zum allabendlichen Glockengeläut mit dem Ruf zum Gebet ein Zeichen der Solidarität in der Pandemie setzen. Die Stadt hatte dies genehmigt, aber die Beachtung der strengen Auflagen vorausgesetzt. Doch Dutzende Gläubige kommen trotz des Versammlungsverbots zur Moschee an die Lindenstraße. Die Lautsprecheranlage wird wieder abgebaut. Das Gros der Wülfrather Läden darf seit dem 20. April mit Hygiene- und Abstandsvorkehrungen wieder öffnen. Seit dem 23. April nehmen die Schüler der Abschlussklassen mit Maske wieder am Unterricht im Gymnasium und der Sekundarschule teil – eine Herausforderung für Lehrer und Schüler. Beim Einkaufen sowie in Bus und Bahn muss ab dem 27. April eine Mund-Nase-Bedeckung getragen werden.

Die Kirche St. Maximin in Düssel steht in einer großen Pfütze, eine Drainage soll Abhilfe schaffen. Die katholische Gemeinde möchte zudem den Zugang bis September barrierefrei gestalten und ein neues Beleuchtungskonzept umsetzen. Der Kirchturm soll bei Einbruch der Dunkelheit erstrahlen.

In einem anonymen Schreiben äußert ein Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr Wülfrath massive Kritik an der Stadtverwaltung, namentlich an Kämmerer Rainer Ritsche als Verwaltungschef. Hausaufgaben in Bezug auf den Brandschutzbedarfsplan seien nicht erledigt worden. Bereits seit einigen Tagen ist bekannt, dass der stellvertretende Stadtbrandmeister Sven Salomon Bürgermeisterin Claudia Panke um seine Entlassung gebeten hat. Aus dem Brandbrief geht hervor, dass auch Christian Dohle, der stellvertretende Leiter der Wehr, sein Amt niederlegen wird. Stadtbrandmeister Guido Großmann und Claudia Panke betonen, dass man zu den angesprochenen Themen mit den Wehrmitgliedern im Gespräch sei und ein Motivationspaket umgesetzt werde.

Mai

Unter Auflagen dürfen wieder Präsenzgottesdienste gefeiert werden. Kämmerer Rainer Ritsche teilt mit, dass die Gewerbesteuereinnahme der Stadt voraussichtlich nochmals um 2,9 Millionen Euro geringer ausfallen wird. Er fordert einen Solidarpakt des Landes NRW für Städte mit hoher Verschuldung und schwacher Eigenkapitalbasis. Mit der Wiedereröffnung der Salons zum 4. Mai beginnt der Run auf die Frisöre. Auch die Tafel nimmt den Betrieb wieder auf. Frühjahrsputz statt Badespaß, die Mitarbeiter der Wülfrather Wasserwelt machen aus der Corona-Not eine Tugend. Spielplätze dürfen wieder benutzt werden. Grundschüler nehmen am Präsenzunterricht teil. Mitte des Monats geht der Mettmanner Thomas Rüttgers mit einem Autokino auf dem Parkplatz von Knorr Bremse an den Start. Aus rund 80 Autos wird bei der Premiere „Die Eiskönigin 2“ verfolgt. Die Restaurants dürfen mit umfangreichen Schutzvorkehrungen wieder Gäste bewirten. Gleiches gilt ab dem 16. Mai für das Niederbergische Museum. Eine Woche darauf kann auch der Zeittunnel wieder besucht werden.

Der erste Beigeordnete und Kämmerer will Bürgermeister werden: Der Unabhängige Rainer Ritsche (54) wirbt um die nötigen Unterstützerunterschriften von Bürgern für seine Kandidatur. Diese wird später auch von der WG und der SPD unterstützt.

Die Stadtwerke Wülfrath geben bekannt, dass der promovierte Wirtschaftsinformatiker Heiko Schell (49) zum 1. Oktober Arne Dorando als Geschäftsführer des Unternehmens beerben wird.

Die Initiative „Wülfrather Ideen Räume“ (WIR) will aus dem leerstehenden VHS-Gebäude an der Wilhelmstraße 189 ein Vereinshaus machen. Wenn die Stadt die Räume der Initiative überlässt, will diese sie für den Probetrieb, der Voraussetzung für die Gewährung von Fördergeldern ist, renovieren.

Die evangelisch-reformierte Gemeinde investiert in den zweiten Bauabschnitt der Sanierung ihres Familienzentrums Düssler Tor rund 200 000 Euro. Nachdem dort 2019 für 110 000 Euro renoviert wurde, stehen nun die gelben Fassadenteile sowie die Außenspielflächen im Fokus.

Im Ausschuss für Umwelt und Ordnung muss die Stadt einräumen, dass die Bürger 2018 für die Müllentsorgung 570 000 Euro zu viel bezahlt haben. Der Grund: Durch die Umstellung vom Restmüllsack auf die Tonne sei das Behältervolumen nur sehr schwer einschätzbar gewesen und tatsächlich viel höher ausgefallen, als erwartet. Auch für 2019 wird ein ähnliches Ergebnis prognostiziert. Die nächste Gebührenkalkulation wird erst im Herbst 2021 durchgeführt.

Der Angestellte der Telekom und Fraktionsvorsitzende Stephan Mrstik (52) wird von den 14 anwesenden Mitgliedern von Bündnis 90/Die Grünen einstimmig als Bürgermeister-Kandidat nominiert. Er will mit den Themen Nachhaltigkeit, Digitalisierung und Wirtschaftsförderung punkten.

Juni

Mit 31 von 32 Stimmen wählt die CDU den Versicherungsfachmann Andreas Seidler (52) zu ihrem Bürgermeisterkandidaten. Als Verwaltungschef möchte er vor allem Investoren Flächen für bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung stellen und neue Gewerbeflächen ankaufen. Die vier Wülfrather Bewerber um das Bürgermeisteramt Seidler, Mrstik, Ritsche und Hann stellen sich in der IHK-Wahlarena. Wülfrather können den Austausch per Livestream verfolgen.

Die Wasserwelt ist wieder geöffnet, Badegäste dürfen maximal 90 Minuten bleiben und müssen sich mit dem Online-Ticket für ein Zeitfenster entscheiden. Bevor es Ende des Monats schließt, ist das Autokino auch noch Schauplatz für einen Auftritt des Kinderliedermachers Volker Rosin, eines Harry Potter-Abends mit Quiz, von Comedy und der Abschlussfeiern der Sekundarschule und des Gymnasiums. Das Kulturradio „42489.FM“ kündigt an, ab Juli lokale Musiker und Kleinkünstler auf die Freiluftbühne am Kommunikations-Center Schlupkothen zu holen, wo die Darbietungen aus dem Auto zu verfolgen sind.

Die Stadt steht ohne Klimaschutzmanagement da: Sowohl Ursula Linda Kurzbach als auch Philipp Schaube haben zum 1. August gekündigt. Sie geht aus persönlichen Gründen, er, weil er einen tollen Job in seinem Spezialgebiet bekommen hat.

Am Nachmittag des 18. Juni überfährt an der Ausfahrt des Kalkwerkbahnhofs Rohdenhaus eine Diesellok einen massiven Betonprellbock, entgleist und stürzt mehrere Meter eine Böschung hinab. Der Lokführer wird leicht verletzt. Die Unfallstelle liegt nahe der Anger. Durch ausgelaufenen Kraftstoff aus dem bis zu 4000 Liter fassenden Tank werden größere Umweltschäden befürchtet. Im Bach werden Ölsperren errichtet. Die Feuerwehr, Lhoist und die DB-Notfalltechnik sind den ganzen Freitag über damit beschäftigt, die 90 Tonnen schwere Zugmaschine und einen Waggon zu bergen. Auch das Technische Hilfswerk Heiligenhaus/Wülfrath ist im Einsatz, muss die Anger über 300 Meter umleiten, an der Stelle vorbei, an der Öl das Erdreich konterminiert hat. Ein Bodengutachter untersucht den die Bahn kreuzenden Weg. Die Wiese gegenüber des Hofes Wolf gleicht einem Heerlager. Am Montag wird der Prellbock vom THW gesprengt. Trümmerteile beschädigen ein Haus der Familie Wolf. Wer für den Schaden aufkommen muss, das wird zu einer langen Hängepartie.