Entspannt durch den Kreisel
Immer rund herum geht es an der Mettmanner Straße — rund um 27 Betonkübel.
Ein Kreisel ist eine Oase in der Asphaltwüste. Er verschafft mir während der langweiligen Fahrt in einer Blechlawine den kleinen Glücksmoment. Eine Ampel ist ein Roboter. Wenn sie rot leuchtet, muss ich stehenbleiben, selbst wenn kein Autofahrer oder Fußgänger zu sehen ist. Ein Kreisel aber entspannt. Er spricht nicht in einem Befehlston mit mir, sondern gönnt mir einen zen-artigen Augenblick, in dem ich entscheiden kann, wann ich hineinfließe oder doch durchbrause.
Deshalb gleite ich auf der Mettmanner Straße immer wieder entspannt auf den wichtigsten Kreisverkehr Wülfraths zu. Tausende tun das jeden Tag aus allen vier Richtungen, die im Kreisel an der Ecke Mettmanner Straße/Flandersbacher Straße/Zur Loev enden und starten.
In der Mitte stehen 27 (warum eigentlich 27?) Betonkübel, Marke industrielle Langeweile, im Ringelrein. Das Rot, Grün, Gelb und Blau auf ihren Außenhäuten ist nach langen Jahren abgewaschen und wirkt schmutzig. In einigen fristen Stiefmütterchen ihr Dasein, in einer steht eine kleine Tanne, in anderen räkelt sich undefinierbares Kraut über den Bottichrand. Kein schöner Anblick, wenn man zum Beispiel im Kreisel immer rumherum fährt und an der Mettmanner Straße direkt in den Eiskanal einfährt. Motivation ist anders.
Um die Einfahrgeschwindigkeit noch weiter zu reduzieren, werden bei Kreisverkehren oft in der Mitte künstliche Hügel oder Skulpturen aufgebaut, die eine Sicht auf die andere Seite des Kreisverkehrs verhindern. Das haben die Wülfrather offenbar begriffen und sich an der großen Menge Beton vergriffen.
Westlich, nach der Abfahrt über die Flandersbacher Straße, folgt noch ein schicker Kreisel, der zur Fliethe und zu Rheinkalk führt. Dazu einer oben an der L74. Und sonst? Warum nicht noch mehr? Die Kreiselitis sei eine Krankheit, hieß es vor zwei Jahrzehnten. Beklagt wurde, dass die Städte Kreisel bauten statt der guten alten Kreuzungen. Das Kreiselbauen ist in Verruf geraten, weil Kreisel teuer sein sollen und mehr Platz bräuchten und vielleicht auch, weil der Kreisel aus dem Ausland kam. Aus Frankreich nämlich. Und in Frankreich schert man sich ja kaum um Beulen und Macken am Auto.
Gibt es denn zu viele Kreisel? Google Maps klärt auf: Die meisten Kreisel gibt es nahe der französischen Grenze. Magic Roundabout heißen sie in Großbritannien mit zwei verschiedenen Spuren. Squareabouts sind ohne jede Markierungen versehen, Throughabouts sind jene, in der eine Hauptrichtung geradeausfährt und die andere einfädeln muss.
Dieses Kuddelmuddel der Arten löst sich im Kreisverkehr aber auf, denn ein Kreisel schafft Übersichtlichkeit, schnelles Passieren, weniger Unfälle, geringere Bau- und Unterhaltskosten und weniger Umweltverschmutzung. Man kann sich nicht verfahren, solange man in der Kreiselspur weiterfährt. Zur Belastungsprobe kann es werden wenn sich bei dauerhaftem Kreiselfahren Magen und Gleichgewichtssinn melden.
Fakt ist: Für angehende Astronauten ist das ein idealer Anfängertest. Aber der Kreisel schafft eine Verkehrsregel, die wirklich immer von jedem und befolgt wird: das absolute Parkverbot im Ring. Oder hat ein Wülfrather schon mal vor der Eisbahn geparkt?