Fingerzeige in die Geschichte
Die WZ begleitete Christa Hoffmann bei der ersten Stadtführung der Saison.
Wülfrath. Dicht an dicht stehen die Fachwerkhäuser auf dem gepflasterten Kirchplatz im bergischen Dreiklang: grüne Schlagläden und Türen, schwarze Balken und das Weiß des Gefaches. „Um 21 Uhr erschallte im 17. Jahrhundert die Kirchglocke. Ein Zeichen, dass alle Feuer gelöscht werden mussten“, erzählt Christa Hoffmann. Die ursprünglichen Häuser, der alte Pflasterstein, die Anekdoten eines kleinen Dorfes - was sich anhört wie eine Führung durch ein Freilichtmuseum, das ist Wülfrath live.
Auf ihrer Altstadttour erzählt Christa Hoffmann auch an diesem Sonntag wieder die Geschichten und Begebenheiten von der Gründung des Dorfes „Wolverothe“ bis zur Bedeutung der Kalkindustrie in der heutigen Zeit. Bei ihren historischen Stadtführungen lässt die Geschäftsführerin des Trägervereins des Niederbergischen Museums Geschichte lebendig werden.
Die rund 40 Teilnehmer schauen an den alten, und doch gepflegten Fachwerkfassaden hinauf. Gespannt lauschen sie den Geschichten von den zwei großen Bränden und den Gepflogenheiten der Wülfrather Bürger, die hier früher wohnten. Die alte Kirche im Rücken, fühlen sie sich plötzlich in eine andere Zeit versetzt. „Spannend“, sagt Ralf Döring ergriffen. „Nicht nur weil ich Wülfrather bin, sondern weil ich in genau diesem Haus, in der ‚Glocke’, wohne.“ Für ihn sei es deshalb „höchste Zeit“ gewesen mehr über seinen Wohnort zu erfahren.
Dass in der evangelischen Kirche, dem ältesten Gebäude der Stadt, ab 1600 eine Schule integriert war — das wissen nur die Wenigsten. Christa Hoffmann erklärt: „Auf dem Kirchdach war eine Aufstockung angebracht. Hier lehrte der Küster die Kinder sonntags lesen und schreiben. In der Woche mussten sie ihren Eltern zur Hand gehen.“
An Krapps Teich kommt die Gruppe den Ursprüngen Wülfraths ganz nahe: „Die Legende besagt, dass ein Mann namens Wolf, ein Ausgestoßener im Jahr 1100, hier die erste Rodung vornahm. Um uns das vorstellen zu können, müssen wir uns das Vertraute wegdenken“, sagt Christa Hoffmann. Anders als auf dem alten Kirchplatz fällt die Zeitspurensuche hier deutlich schwerer. Motorradlärm, das moderne August-von-der-Twer-Haus — von Wülfraths einst so sumpfigem Ursprung ist hier nichts übrig geblieben. Woher der Teich seinen Namen hat, erklärt die Stadtführerin: „Ein Müllerehepaar namens Krapp hat an dieser Stelle im 18. Jahrhundert seine Frucht- und Kornmühle errichtet.“
Als sich die Historie dann Wülfraths 1910 entstandenem Freibad nähert, kommen die Zeitzeugen in der Gruppe in Schwung. Die Bilder, die Christa Hoffmann mitgebracht hat, wecken Erinnerungen. „Hier habe ich schwimmen gelernt. Die Tochter des Bademeisters war bei mir in der Klasse, und wir verbrachten im Freibad zusammen tolle Sommer“, erzählt Marlies Ammann.
Als die Tour durch Wülfraths kleinste Straße, die Hackestraße, führt, bemerken die Teilnehmer die Ruhe der kleinen Gässchen, werfen einen Blick in verträumte Gärten, erfreuen sich an den Geschichten der Vergangenheit und an der Schönheit der Gegenwart. Thomas Fritsch genießt in vollen Zügen: „Nach 15 Jahren hat mich die Sehnsucht nach Wülfrath wieder in diese Stadt getrieben. Die Stadtführung zeigt mir noch einmal warum: Weil Wülfrath so viele schöne Ecken hat!“