„Er wollte Gräben überwinden“
Mehr als 200 Trauergäste nahmen am Freitag in der Vorburg Abschied von Hinnerk Tegtmeier. Der plötzliche Tod des 67-Jährigen schockte Familie, Freunde und Politik.
Neviges. Dieses Lächeln, dieser freundliche, offene Blick: Das Schwarz-Weiß-Foto trifft Hinnerk Tegtmeier sehr gut. Das Bild im schwarzen Rahmen steht — umgeben von einem Rosengesteck und einer bordeauxroten Kerzen — direkt neben dem Kondolenzbuch. Mehr als 200 Menschen werden sich in den nächsten Minuten dort eintragen auf ihrem Weg zur Trauerfeier für Tegtmeier, „von dem wir uns heute ein letztes Mal verschieden“, wie Pastor Jens Brakensiek es formuliert.
Es ist ein Abschied in einem würdigen Rahmen in der Vorburg von Schloss Hardenberg. In der knapp 45-minütigen Gedenkveranstaltung wird deutlich, wie groß der Verlust ist. Am Montag war Tegtmeier, Vorsitzender der Velberter SPD und stellvertretender Bürgermeister, völlig unerwartet im Alter von 67 Jahren verstorben.
Ein Meer von Blumen und Kränzen ist um den Eichensarg drapiert — ein letzter Gruß von Familie, Freunden, Vereinen und Parteien. „Im Schockzustand“ sei er gewesen, als ihn die Nachricht vom Tod seines Stellvertreters erreichte, sagte Bürgermeister Stefan Freitag. „Und das ging vielen so.“ Tegtmeier sei ein Mensch gewesen, „den wir geachtet, geschätzt, geliebt haben, der ein unvergesslicher und außergewöhnlicher Mensch war“. Als Politiker sei es ihm stets um die Sache und die Bürger gegangen. Weder Partei- noch Kirchturmdenken seien ihm zu eigen gewesen. Ebenso, würdigt Freitag, sei Tegtmeier kein Vertreter der „Abteilung Attacke“ gewesen. „Er wollte Gräben überwinden, nicht spalten.“ Das habe ihn Respekt und Vertrauen auch bei seinen politischen Kontrahenten eingebracht. Tegtmeier habe die Kunst beherrscht, einen direkten Draht zu den Menschen herzustellen.
Von der Herausforderung, den moralischen Anspruch des Toten zu erfüllen, sprach Altbürgermeister Klaus Mühlhoff heraus. „Fassungslos“ sei er und sei die Solidargemeinschaft der SPD über den Tod eines Mannes, „der Einfluss nehmen und mitgestalten wolle“. Mühlhoff betont vor allem Tegtmeiers Rolle bei der Zusammenführung der Velberter SPD-Ortsvereine zu einem großen Verband, dessen erster Vorsitzender er 2008 wurde. Im vergangenen Jahr — es kriselte bei den Genossen — übernahm er die Verantwortung für eine weitere Amtszeit. Mühlhoff: „Tegtmeier war ein über alle Grenzen geachteter Sozialdemokrat.“
„Nie oberflächlich oder gedankenlos war Tegtmeier“, hebt Brakensiek hervor. Dabei sei er nicht nur ein Mensch gewesen, der in der Öffentlichkeit stand. „Er war vor allem ein Familienmensch.“ Für seine Frau und die Kinder, die er über alles geliebt habe, so Jens Brakensiek in seiner Trauerrede, „ist Tegtmeiers Tod der ganz persönliche Gau“.