Flüchtlinge: „Es macht den Kopf kaputt“
Ein 40-minütiger Film dokumentiert die Missstände im Asylbewerberheim Talstraße. Im Januar soll die Sanierung beginnen.
Velbert. Resignation und Enttäuschung schwingen in seiner Stimme mit, wenn Zumana spricht. Seit 2007 ist der junge Afrikaner in Deutschland. Er ist Anfang zwanzig. Wenn es um das Übergangsheim Talstraße geht, redet er ruhig, aber deutlich: „Wir wohnen zu dritt in einem Zimmer. Die Duschen sind schlimm, alles verschimmelt. Ein Knast ist besser als dieses Heim. Dort zu wohnen, macht meinen Kopf kaputt.“
Zumanas Aussagen wurden im vergangenen Jahr gefilmt. Mittlerweile hat er den Absprung geschafft, eine Aufenthaltserlaubnis bekommen und eine Wohnung gefunden.
Festgehalten wurde Zumanas Bericht über das Heim von Mehrandokht Feizi. Die gebürtige Iranerin, die 2007 nach Deutschland geflüchtet ist, ist Filmemacherin, Aktivistin der Flüchtlingsorganisation Karawane und kennt die Umstände in deutschen Übergangsheimen aus eigener Erfahrung. Das Heim an der Talstraße in Velbert stelle eine Ausnahme dar: „In Sachen Sauberkeit und Hygiene habe ich so etwas noch nicht gesehen. Wer dort reinkommt, kriegt keine Luft.“
Als Feizi das Heim zum ersten Mal besuchte, fasste sie den Entschluss, einen Film über die Zustände zu drehen. Die Arbeiten begannen 2010. Nachdem die Stadt angekündigt habe, Verbesserungen vorzunehmen, habe sie zunächst darauf verzichtet, das Material zu veröffentlichen, sagt Feizi. Bei einem erneuten Besuch 2011 sei von einer Veränderung nicht viel zu sehen gewesen. Sie führte weitere Interviews mit den Bewohnern. Entstanden ist die 40-minütige, eindringliche Dokumentation „H wie Heimat“.
Und die Aktivisten der Karawane gingen noch weiter. Vergangene Woche besuchten sie das Heim mit Ärzten und Ingenieuren. Diese stellten gesundheitsgefährdende Zustände fest.
Auch wenn jeder Tag unter diesen Bedingungen zu viel ist, wie Mehrandokht Feizi sagt, ist bald ein Ende der Missstände in Sicht: Im Januar kommenden Jahres soll die Sanierung des Übergangsheimes beginnen. Gut ein halbes Jahr soll sie dauern. Ende November 2010 beschloss der Rat die Baumaßnahmen. Bis die 1,8 Millionen Euro teure Renovierung der sechs Häuser beginnen kann, mussten zunächst die hinteren Wohnbereiche leer gezogen werden, berichtet Astrid Weber, Fachabteilungsleiterin für Bürgerdienste. Dort lebten Menschen zur Miete. Ausschreibungen folgten. Verstehen könne sie die Ungeduld der Bewohner in jedem Fall: „Wir wissen ja, wie es dort aussieht. Aber wir wissen auch, dass wir etwas dagegen tun“, sagt Weber.
Momentan leben im vorderen Häuserblock der Talstraße 75 Flüchtlinge. Nach der Sanierung gilt eine Maximalbelegung von 200 Bewohnern in allen Häusern. Neue Fenster und Dämmung sollen Energie einsparen. Einnahmen für die Sanierung kommen durch Nutzungsentgelte vom Land und den Gebäude- und Grundstücksverkauf acht weiterer Übergangsheime, die aufgrund aktueller Flüchtlingszahlen nicht mehr benötigt werden.