Neviges In der Gastronomie wird die Luft dünn

Neviges · Mit dem Außerhausverkauf können die Nevigeser Wirte ihre Verluste längst nicht ausgleichen.

In der Styroporbox bringt Katja Lippe täglich Speisen vom Haus Sondermann zu ihren Kunden. „Ich freue mich darauf, wenn die Gäste wieder zu uns kommen“, so die Inhaberin.

Foto: Ulrich Bangert

Die Beschäftigten im Gastgewerbe haben Angst, bald den Löffel abgeben zu müssen. Deshalb schlagen sie mit selbigen am heutigen Mittwoch vor dem Düsseldorfer Landtag lautstark auf die seit Monaten ungenutzten Töpfe, um auf die wachsende Notlage aufmerksam zu machen. Zu der zentralen „Gastro-Demo“ hat die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) aufgerufen. „Die Politik muss rasch eine Öffnungsstrategie für die Branche vorlegen, ohne eine Perspektive drohen zahlreiche Pleiten und Job-Verluste“, so der NGG-Landesvorsitzende Mohamed Boudih.

Sascha Stemberg warnt vor
„Knall-auf-Fall“-Lockerungen

Das sehen die Gastronomen in Neviges ähnlich und warnen gleichzeitig vor übertriebenen Aktionismus. „Es ist eine verfahrene Situation, wir haben keine Perspektive“, klagt Sascha Stemberg und warnt vor „Knall-auf-Fall“-Lockerungen. „Ostern soll die Außengastronomie öffnen – wie soll das gehen? Wir haben nur acht Plätze, damit macht man zu wenig Umsatz und in Abendstunden kann im April keiner draußen sitzen.“ Der Sternekoch verweist auf die guten Hygienekonzepte, die von Mai bis November in den Restaurants umgesetzt wurden. „Wir haben die Tische auseinander gestellt, Desinfektionsspender bereit gehalten, Laufwege so eingerichtet, dass man sich nicht begegnet. Die Listen mit den Adressen der Gäste zur Rückverfolgung wurden vom Gesundheitsamt nicht angefordert. Also gehe ich davon aus, dass in der Gastronomie das Ansteckungsrisiko gering ist“, so die Einschätzung von Sascha Stemberg, der sich wünscht, dass rechtzeitig über die Umstände einer Wiederöffnung informiert wird. „Nach dem ersten Lockdown kamen die Infos zwei Tage zuvor, viel zu kurz, um alle Forderungen umzusetzen.“

Unregelmäßige Bestellungen erschweren Einkaufsplanung

Während bei dem angesagten Restaurant im Kuhlendahl die Gäste mitunter viele Tage zuvor ihre Gerichte zum Mitnehmen reservieren, sieht es bei „Kitsa’s“ im Siepen anders aus: „Die Bestellungen kommen sehr unregelmäßig, da ist es sehr schwer, den Einkauf zu planen“, so die Erfahrung von Alexandros Papaioannou, der deshalb nur noch von mittwochs bis samstags ausliefert. Es gibt Tage, wo es läuft, so im November. „Dennoch haben wir ein Minus gemacht, die Luft wird dünn“, bilanziert der Gastronom, der sich auf die mediterrane Küche spezialisiert hat und weiß, dass viele Menschen im Stadtteil von Kurzarbeit betroffen sind. „Man merkt, dass es zum Ende des Monats weniger wird.“

Katja Lippe vom Haus Sondermann will nicht klagen, sie liefert täglich von mittags bis abends aus. „Im November haben wir viele Gänse verkauft, am Valentinstag hatten wir gut zu tun.“ Ansonsten räumt die Wirtin ein, dass sie in 23 Jahren trotz der Novemberhilfen noch nie so bittere Zeiten durchgemacht hat. Dennoch bleibt sie optimistisch: „Jammern nützt nichts, Hauptsache wir sind gesund und ich habe meine festangestellten Mitarbeiter halten können.“

Im Windrather Hof bleibt dagegen seit Monaten die Küche kalt. „Zum Glück ist es Eigentum, ich muss keine Miete zahlen“, ist Nicole Brebeck erleichtert, die über einen Außerhausverkauf erst gar nicht nachdenkt: „Dafür sind wir zu weit vom Schuss“, so die Inhaberin des typischen Ausflugslokal unweit des Neanderlandsteigs. Der spült normalerweise viele Wanderer ins Lokal, die sich nach anstrengender Bergtour mit einem Getränk erfrischen und einer Mahlzeit stärken. Weil es kaum Freizeitmöglichkeiten gibt, ist Wandern derzeit sehr beliebt. „Die Leute haben alle ihre Verpflegung dabei“, hat Nicole Brebeck beobachtet, die nun angesichts des beginnenden Frühlings gespannt ist, wann sie wieder unter welchen Auflagen öffnen darf.