Wülfrath Jugend macht Druck beim Klimaschutz
Wülfrath. · 200 Wülfrather Schüler nutzten den schulfreien Brückentag für eine große Demonstration zu ihrer Zukunft.
„Wir sind hier, wir sind laut, weil Ihr uns die Zukunft klaut!“ Auch im beschaulichen Wülfrath sind die „Fridays for Future“-Demonstrationen angekommen. Lautstark marschierten am Freitag, dem schulfreien Brückentag, rund 200 Jugendliche durch die Fußgängerzone zum Rathaus, um von Verwaltung und Politik zu hören, was für den Klimaschutz getan wird. Vor der Kreissparkasse brachten sich die Demonstranten mit dem Wuppertaler Sänger „Louis“ in Stimmung.
Moderator Florian Bartschmidt gab einige Hinweise zu Demoregeln. „Kein Alkohol, bitte an die Anweisungen der Ordner halten, ansonsten laut sein, Plakate hochhalten und Spaß haben“. Jan-Niklas Niebisch vom Organisationsteam fand es „echt geil, dass so viele gekommen sind“. Darunter war eine Gruppe „Omas 4 Future“. Die jüngsten Demonstrantin war wohl die fast sechsjährige Sophia, die einen Plüsch-Eisbären bei sich hatte, das Symbol für den Klimawandel. „Es ist wichtig, dass die Natur weiter wächst und nicht im Müll erstickt“, so der Antrieb der Kleinen, die von ihrer Mutter Anita Wecke unterstützt wird. „Das Thema beschäftigt sie sehr, sie möchte mal Naturbeschützerin werden.“
Passanten blieben stehen, hörten die Sprechgesänge an und lasen die Forderungen der besorgten Schüler. „Die spinnen doch, die haben keine Ahnung, die machen das Kerosin und das Benzin nur noch teurer“, so die von Kopfschütteln begleiteten Befürchtungen der meistens älteren Leute.
„Ich finde es klasse, dass Sie sich engagieren,“ lobte Bürgermeisterin Claudia Panke die Demoteilnehmer vor dem Rathaus. Die Verwaltungschefin kann die Ungeduld der jungen Leute in Sachen Klimaschutz verstehen. Panke erläuterte, warum das alles so lange dauert: „2013 hat der Rat ein Klimaschutzkonzept verabschiedet, aber zur Umsetzung mussten wir auf ein Förderprogramm des Landes warten. Sie kennen unseren Haushalt. 2017 konnten wir den ersten Klimamanager einstellen.“ Anschließend führte die Verwaltungschefin auf, was alles gemacht wurde und wird: städtische Gebäude erhalten Photovoltaikanlagen, ein neues Wärmekonzept verringert die Belastung des Klimas und gleichzeitig die des Haushaltes, ein Projektteam kümmert sich um das Energiemanagement.
FDP-Ortsverbandsvorsitzender Jürgen Merrath erinnerte daran, dass seine Partei in den 70er Jahren mit Innenminister Hans-Dietrich Genscher den Umweltschutz zuerst politisch thematisierte, aber mit freiheitlichem Geboten, weil damit mehr zu erreichen sei als mit Verboten. „Photovoltaikanlagen kann sich nicht jeder leisten. Man muss einmal darüber nachdenken, ob man 100 000 Euro für solche Anlagen auf einem städtischen Gebäude ausgibt oder 50 private Anlagen mit je 2000 Euro fördert.“
Politiker äußerten sich zu den Forderungen der Demonstranten
„An Euren Forderungen müssen wir uns messen lassen.“ Stephan Mrstik, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Rat, ist sich der Verantwortung bewusst, die seiner Partei gerade durch die jüngsten Wahlerfolge auferlegt wurden. Das E-Auto hält er übrigens nicht für der Weisheit letzten Schluss. Ilona Küchler von den Linken hatte zuvor deutlich gemacht, dass man auch nach Chile und dem Kongo schauen muss, wo unter unmenschlichen Bedingungen die Rohstoffe gefördert werden, die zur Herstellung für leistungsfähige Batterien benötigt werden. Niels Sperling, selber sachkundiger Bürger für die SPD und sehr jung, hatte nicht so viel zu sagen, nur dass Sozialverträglichkeit und Ökologie „ur-sozialdemokratisch“ seien.
„Der Kohlendioxidausstoß wird nicht von der Politik verursacht, sondern von jedem selbst“, gab der CDU-Landtagsabgeordnete Martin Sträßer zu bedenken und verkündete unter ungläubigem Staunen, dass NRW den Klimaschutzplan für 2020 schon erfüllt hat.
Aus dem Publikum meldete sich Barbara Tanninga (60) zu Wort, die sich von ihrer 37-jährigen Tochter fragen lassen musste, wie es soweit kommen konnte. „Das konnte ich ihr nicht beantworten, aber ich war schon mit 15 oder 16 auf Demos, weil wir damals nicht wollten, dass die Probleme einmal so explodieren.“