Kassandra: Unendliche Spurensuche

Die Polizei erweitert noch einmal die Präsenz in Neviges und durchsucht die Nachbarschaft der Turnhalle.

Neviges. "Mordversuch" steht in großen roten Buchstaben auf den 500 Plakaten. Seit Freitag hängen sie in der Innenstadt oder werden als Handzettel in die Briefkästen geworfen. Worum es geht, weiß jeder Nevigeser - auch ohne die Zeilen gelesen zu haben.

Ein Ort im Ausnahmezustand: Nicht nur die Polizei sucht nach Antworten auf die Frage, wer zu dem entsetzlichen Verbrechen an der kleinen Kassandra fähig war, auch die Bewohner rätseln. Die Familie der Neunjährigen wird weiter vom Opferschutz der Polizei betreut.

Je länger die Tätersuche dauert, desto mehr Gerüchte machen die Runde. Der Eine will schon mal abends "komisches Volk" im Ort gesehen haben. Andere wollen am Montagabend Kinderschreie gehört haben. Der Busfahrer, der wie jeden Tag an der benachbarten Grundschule auf die Kinder wartet, und vor ein paar Monaten einen verdächtigen Mann gesehen haben will, der Kinder ansprach, hat schon einen Termin bei der Polizei ausgemacht. "Zur Aussage."

Jetzt steht er mit ein paar anderen Anwohnern vor dem Parkplatz und sieht dem Treiben der Polizei zu. Ebenso wie Paul Mysliwitz. "Es wird geredet", sagt er. "Und zwar viel zu viel." Manche, meint der ältere Herr, würden sich nur wichtig machen wollen. Vermeiden lasse sich das wohl nicht.

Doch die Polizei geht jedem Hinweis nach, zu dürftig ist bislang die Spurenlage. 60 Beamte der Hundertschaft durchkämmten gestern die Umgebung der Turnhalle. Mitarbeiter der Stadt rodeten den Trampelpfad zu den Kanalschächten. "Vielleicht lassen sich ja persönliche Gegenstände, zum Beispiel ein Schulblock oder eine Spange finden", sagt Polizeisprecher Ulrich Löhe.

Ein Hauptgewinn wäre natürlich irgendetwas, was auf den oder die Täter schließen lässt. Wieviele es wirklich waren, lässt sich immer noch nicht sagen.

Zusätzlich wurden noch einmal Hausbefragungen durchgeführt. "Die unmittelbaren Nachbarn haben wir natürlich schon gefragt. Jetzt erweitern wir den Kreis, von der Turnhalle bis zum Wohnort von Kassandra", sagt Ulrich Löhe. Man wolle einfach im Gespräch bleiben. "Möglicherweise ergibt sich ja was. Manchmal wissen die Leute Sachen, die sie für unwichtig halten, die uns aber helfen."

Auch Paul Mysliwitz hat sich auf den Besuch der Polizei eingestellt. "Ich habe vielleicht was für die", sagt der Mann. Was, will er nicht verraten. Die Polizei dürfte für jeden Hinweis dankbar sein.