Kuscheln mit dem Kälbchen - Ein Tag auf dem Bauernhof
Beim Besuch auf dem Bauernhof der Familie Stiefeling konnten Kinder Landwirtschaft einmal hautnah erleben.
Neviges. Bauernhöfe sind ein Ort für alle Sinne: für das Gefühl, in dunkelbraune, feuchtweiche Erde zu greifen oder ein wollenes Schaf zu streicheln; für das Erlebnis, auf eine Leiter zu steigen und Äpfel zu pflücken oder in ein Brot zu beißen, das man selbst gebacken hat; für die Bewegung des Windes, der sanft über ein Kornfeld streicht; und für den herben Stallduft aus Heu und Kuhfladen, der noch Stunden später in den Klamotten steckt.
Rund 15 Kinder zwischen sieben und elf Jahren hatten am Samstag bei der traditionsreichen Ferienaktion der Landjugend Neviges Erlebnisse dieser Art — diesmal auf dem Hof der Familie Stiefeling am Fettenberger Weg. Landwirt Rainer Stiefeling, der die Kinder über den Hof führte, betreibt Milchwirtschaft — mit derzeit 70 Kühen und acht Kälbern. Hinzu kommen Bullenmast und der Anbau von Gerste, Weizen und Hafer, um Tierfutter zu gewinnen und damit die Milchproduktion zu gewährleisten.
„Die Kinder kennen Milch doch nur aus dem Supermarkt, abgepackt in Tüten. Hier sind sie direkt an der Quelle“, sagte Stiefeling. „Wir wollen den Kindern die Landwirtschaft näher bringen“, hob Katrin Bobermin hervor, die seit acht Jahren zur Landjugend gehört. „Viele haben gar nicht die Möglichkeit, sich auf einem Hof umzuschauen und vor Ort zu begreifen, wie Landwirtschaft funktioniert.“ Zudem würden viele Kinder „auch einfach mal eine Kuh streicheln wollen“, ergänzte Stiefeling. „In der Stadt gibt’s schließlich keine.“
Die Tiere anzusprechen wie einen Hund, klappte allerdings nicht: Die Kühe tragen keine Namen, sondern sind ausschließlich durch Nummern registriert. Bei der Größe des Betriebs wäre das hinderlich, sagte der Landwirt. Zumindest die beiden Schweine Roswitha und Helga sowie Pony Timmy wurden mit solcherlei Persönlichkeit bedacht — aber diese Hofbewohner sind auch weniger zum Arbeiten hier.
„Ui, ein Wasserfall!“, rief Max, als Kuh Nr. 96825 laut platschend auf den Stallboden pinkelte. Marco näherte sich derweil mit ausgestreckter Hand behutsam dem Haupt eines anderen Viehs. „Ich hab’ Angst, dass die zuschnappt, wenn ich der Kuh an den Kopf packe.“ Der träge Blick mochte täuschen, doch wich das Tier nur leicht hinter das Gatter zurück, als der Elfjährige ihm einen Ballen Heu reichte.
Gelernt haben die Nachwuchsbauern auch etwas: „Kühe geben keinen Kakao, auch wenn sie braun sind“, sagte Maureen und strich sich grinsend ein paar Heuhalme von der Jacke. Stattdessen liefern sie etwa 40 Liter Milch pro Tag — dazu sind sie jedoch erst fähig, wenn sie gekalbt haben.
Zu einem Hof gehören nicht nur Tiere, sondern auch Maschinen. Während sich die Kinder im hölzernen Unterstand auf den Bänken selbst gebackene Waffeln schmecken ließen, rief Bauer Stiefeling in die Runde: „Wollt ihr Trecker fahren?!“ Wenige Minuten später näherte sich ein schweres, ratterndes Geräusch den Ferienkindern. Marco war schon voller Vorfreude aufgestanden: „Ich bin mal Mähdrescher gefahren, als wir in Schleswig-Holstein im Urlaub waren.“ Mit seinen fast zwei Meter hohen Reifen hielt der Traktor vor Marco, Kim und den anderen Passagieren, die das wuchtige Gefährt im Doppelpack erklommen und schließlich winkend hinter der Hausecke verschwanden.