Namibwüste inspiriert Wülfrather Künstlerin

In der Kulturkirche ist eine Ausstellung von Elke Voß-Klingler zu sehen. Ihr Thema ist Afrika.

Foto: Dietrich Janicki

Wülfrath. Die bereits vierte Ausstellung in der Kulturkirche seit der Neueröffnung vor einem halben Jahr ist eröffnet. Wahrlich wirken darf die Kunst in diesem Raum, denn sie umgibt hier lebhafte Geschehnisse wie Lesungen, Konzerte oder Gottesdienste. Zur Vernissage wurde erläutert, wie es zu den nun gezeigten Objekten gekommen war. Vor einem Jahr machte sich Elke Voß-Klingler auf, um im Südwesten der Pfalz, im verwunschenen Dahner Felsenland, zu wandern.

Ein Ortskundiger lehrte sie, dass der dort überall herausscheinende Buntsandstein auch in Namibia zu finden sei. Denn vor 600 Millionen Jahre lagen auf dem Superkontinent Pangaea die heutigen Orte von Pfälzer Wald und Namibwüste beieinander. „Wir haben zusammengehört”, schoss eine Erkenntnis wie ein Geistesblitz durch Voß-Klingler. Einige Exemplare des ausdruckstarken Gerölls packte sie trotz — oder gerade wegen — des Gewichtes in ihren Rucksack: „Wenn man so einen Stein dabei hat, dann geht man auch nicht mehr gerade.”

Aus diesen Mitbringseln sind heute Köpfe der Stielfiguren geworden, die einen Sandstrand im Altarraum bevölkern. Regelrechte Gesichtchen werden auf den unbearbeiteten Fundstücken durch Schattenwurf sichtbar, was Voß-Klingler sinnieren lässt: „Wenn die Steine reden könnten, würden sie von Trennung sprechen.” Ihre Gruppe steht verloren da; geschützt nur durch die Gegenseitigkeit und dünne Pappmaché-Decken. Über ihnen hängt das Bildnis eines Kindes, das von einer Baumkrone den Horizont nach etwas Hoffnungsbringendem absucht. Dieses Ensemble bildet den ersten von drei Schauteilen.

Lenkt der Betrachter den Blick nach rechts, so sieht er sich mit fünf Bildern einer grausamen Erzählung auf zeitlosem Chinapapier konfrontiert. Gezeigt ist das wahrscheinliche Erlebnis der Skulpturengruppe; ob es nun erahnt, erfahren oder heraufbeschworen ist. Es ist ein Totentanz ohne Tanz — ein Treck ohne Wiederkehr. Auf der gegenüberliegenden Seite hängen im Kontrast zu diesen harten Realitäten zehn Abbilder des Urvertrauens. Auf den schmalen Tafeln sind die Ahnen der Skulpturen zu sehen. Sie stehen unverrückbar wie kraftspendende Baumriesen, deren Antlitze tatsächlich aus faltiger Rinde sind.

Vor diesen zwischen Ohnmacht und Aufbruch verwerfenden Aussagen machten zwei Musiker aus Afrika zur Einweihung des Werks Musik. Sängerin Viki Özi Okon Amöwi, genannt „Viki Na Love”, und der Perkussionist Awale Ouro Akpo — sein Künstlername ist „Paply” — nahmen die Stimmung auf und improvisierten über ein selbst geschriebenes Lied. Darin fleht Viki voll des erfahrenen Leides: „Bitte gucke mich an mit den Augen Deines Herzens.”

Paply schlägt dazu einen Wirbel auf seinem Djembénfell, der erst an eine Gewehrsalve erinnert, sich aber in einem ungebrochenen Herzpochen auflöst. Beide waren sie in den glanzvollen Stoffen der Westküste gekleidet. Sie kommen aus Togo und leben seit dreizehn Jahren in Deutschland. Viki ist seit langem Wülfratherin, während Paply am Niederrhein wohnt. Hin und wieder zelebrieren sie die Musiktradition Afrikas. Dem hochdramatischen Beginn folgte eine aufsteigende Kaskade der Lebensfreude, gipfelnd in der Huldigung an Miriam Makeba und ihr Africa-Wiegenlied „Pata Pata”. Kantor Thomas Gerhold spielte mitgerissen und voller Inbrunst das Piano zu dieser Hymne Pangaeas.