Neviges fürchtet Domino-Effekt
Werbegemeinschaft will unbedingt verhindern, dass auf Rewe ein Leerstand in der City folgt.
Neviges. Ein rasanter Doppelschlag hat den Nevigeser Einzelhandel getroffen: Nach der Schließung der Rossmann-Filiale im Januar hat nun auch Rewe für den 18. März seinen letzten Verkaufstag an der Bernsaustraße angekündigt. Werbegemeinschaft Neviges und Wirtschaftsförderung der Stadt zeigen sich von der plötzlichen Entwicklung verblüfft.
„Was die Zeit angeht, hat uns Rewe schon sehr überrascht“, sagt Olaf Knauer vom Velberter Stadtmarketing. Zumal der Pachtvertrag des Supermarktes noch bis 2019 lief. „Nach den ersten Gerüchten waren wir mit Rewe in Kontakt getreten und hatten versichert bekommen, dass es keine vorzeitigen Rückzugspläne für Neviges gibt — das war Stand Dezember“, zeigt sich Knauer über die Informationspolitik des Unternehmens irritiert.
Auch Helmut Wulfhorst von der Werbegemeinschaft hätte nicht geglaubt, dass sich die größeren Kundenmagneten der Nevigeser Innenstadt so schnell auflösen. Was ihm zu denken gibt, ist der frühe Zeitpunkt: „Wenn man bereit ist, vor Ablauf des Pachtvertrags die Immobilie zu verlassen, waren die Verluste wohl höher als die Miete.“ Rewe hatte auf Anfrage der WZ angegeben, dass sich der Standort an der Bernsaustraße wegen einer reduzierten Kundenfrequenz nicht mehr rentiert. Wulfhorst glaubt, dass diese Probleme teilweise auch hausgemacht sind. „Dass man da manchmal 20 Minuten an der Kasse stehen musste, geht heute einfach nicht mehr“, berichtet er aus eigener Erfahrung.
Was nun? Die Werbegemeinschaft will sofort handeln und für die kommenden Tage ein Treffen mit Wirtschaftsförderung und anderen Nevigeser Akteuren einberufen. „Das Ziel ist, dass der Laden gar nicht erst schließt“, sagt Wulfhorst. Er könne sich durchaus weiterhin vorstellen, dass Nevigeser vor Ort eine GmbH gründen, die den täglichen Bedarf in Neviges decken. „Das Problem ist nur, dass das jetzt alles so plötzlich kommt. Die Idee steckt ja noch in den Kinderschuhen“, sagt der Macher der Werbegemeinschaft.
Olaf Knauer von der Stadt möchte derweil den Standort an der Bernsaustraße genauer unter die Lupe nehmen. Vielleicht müsse das Gebäude ganz neu entwickelt werden. Zudem hoffe Knauer auf das Gespräch mit Rewe. „Wir wollen uns nochmal an einen Tisch setzen. Vielleicht kommt für Rewe ja ein anderer Standpunkt in Neviges infrage“, sagt er.
Die Kunden des Supermarkts zeigten sich gestern geschockt. „Das ist ganz schlimm für Neviges“, sagt Claudia Günakan. Die 58-Jährige ist aus gesundheitlichen Gründen darauf angewiesen, sich in fußläufiger Nähe zu versorgen. Sie sagt: „Jetzt muss ich wohl die Hilfe meiner Tochter in Anspruch nehmen, wenn es hier nichts mehr gibt.“
Ulrike Kling (60) sieht im Wegzug des Supermarkts sogar „eine Katastrophe für Neviges“. Das sei gerade für die älteren Leute eine traurige Entwicklung. Wilhelm Häger (77) ärgert sich: „Hier ist doch bald nichts mehr. Dann kann man doch Neviges gleich zuschließen.“
Die Dringlichkeit sieht auch Helmut Wulfhorst: „Wenn wir jetzt nichts tun, dann laufen wir Gefahr, dass sich hier ein Flächenbrand entwickelt.“ Auch beim Kaufhaus Gassmann stünden beispielsweise demnächst Vertragsverhandlungen an.
Nicht an einen Domino-Effekt will dagegen Olaf Knauer glauben. „Glücklicherweise ist der Lidl-Markt noch komfortabel zu erreichen“, stellt er fest. Für viele Nevigeser in der Nähe der City wird es demnächst für den größeren Einkauf jedoch nur noch eine Option geben: das Auto.