Neviges Schüler von 1959 denken an letzten Lehrer

Neviges · Beim Klassentreffen sprachen die Ehemaligen der Katholischen Volksschule nicht nur über die alte Schulzeit.

Die Mädchen und Jungen, die vor 60 Jahren aus der Katholischen Volksschule entlassen wurden, blickten auf die Schulzeit zurück.

Foto: Ulrich Bangert

Die Jungen und Mädchen, die vor 60 Jahren die Katholische Volkschule an der Weststraße – heute Tönisheider Straße verlassen hatten, sahen sich jetzt wieder. So ein Klassentreffen bedeutet nicht nur ein Wiedersehen mit vertrauten Menschen aus der Vergangenheit, für einige, die aus Neviges fortzogen, ist es mehr. „Ich muss immer wieder in die Heimat zurück kommen“, bekennt Ingrid Ramme, geborene Fischer. Sie zog vor 54 Jahren nach Belecke bei Warstein, aber ihr Herz hängt immer noch an Neviges.

Fortgezogene ist entsetzt über
die Veränderungen in Neviges

Allerdings ist sie entsetzt, welche Veränderungen es gibt. „Am Freitag war im Dom, da war alles so dunkel, den sollte man ein bisschen erhellen, da kriegt man ja Angst.“ Überhaupt fragt sie sich, wo die Pilger geblieben sind. „Meine Eltern hatten ein Devotionaliengeschäft, wenn die Menschen aus der Kirche kamen, war es voll bis zum Abend.“ Aber die Wahl-Sauerländerin hat auch positive Veränderungen festgestellt: „Rund ums Schloss ist es schöner geworden.“ Else Narngang hat es an den Bodensee verschlagen, „weil es dort so schön ist.“ Vor zwei Jahren war sie das letzte Mal in der Stadt, in der sie aufgewachsen ist. „Es ist einfach fürchterlich, wenn ich sehe, das fast jedes Geschäft schließt. Neviges ist eine tote Stadt geworden.“ „Ich bin froh, dass ich keinen Laden mehr habe“, gibt sich Marita Mechtesheimer erleichtert. Die heutige Rentnerin hatte nach der Schule eine Lehre zur Damenschneiderin gemacht, danach verkaufte sie an der Elberfelder Straße 30 Jahre lang Damenober­bekleidung.

„Die Leute müssen sich nicht wundern, dass immer mehr Geschäfte schließen, wenn dort nicht mehr gekauft wird. Ich wohne in einem 20-Parteienhaus, da sehe ich täglich, wie viele Pakete von Internetläden anliefert werden.“ Norbert Hirt weiß, womit der Niedergang der Innenstadt begann: „Als die Lohbachstraße als Umgehung gebaut wurde, war der Reiz weg. Obwohl es auf der Elberfelder Straße eng zuging, war dort das eigentliche Neviges. Heute sitzen im Sommer nur ein paar Leute vor dem Eiscafé.“ Eine Klassenkameradin, die ihren Namen nicht nennen möchte, war froh, als sich nach der Schule aus dem „pisseligen Neviges“ herauskam und in Wuppertal tätig wurde. „Heute finde ich Neviges schnuckelig.“

Gerne erinnern sich alle an die Kindheit und Jugend, als die Volksschulen üblich waren und die Schüler handfest auf das Leben vorbereitet worden. Alle schwärmen heute noch von Peter Kirschbaum, dem letzten Klassenlehrer, der auf dem Abschlussfoto von 1959 ernst dreinschaut. „Der war streng, aber gerecht“, da sind sich alle einig. „Der hat uns tolle Tricks im Rechnen beigebracht“, kann sich Klaus Häger heute noch erinnern. „Der hatte sich dafür Streifen mit Zahlen gebastelt. Wenn andere beim Multiplizieren noch schrieben, konnte wir dreistellige Zahlen im Kopf rechnen“, ergänzt Peter Arnst.

Pädagoge wurde von Schülern zugleich verehrt und gefürchtet

Klaus Häger weiß noch, dass der gefürchtete und zugleich verehrte Pädagoge ausgebildete Gymnasiallehrer war, aber eben an einer Volksschule unterrichtete. Alle Entlassklassen unternahmen eine Abschlussfahrt. Dabei schlugen die halbstarken Jugendliche damals schon über die Stränge. „Der Jahrgang vor uns hat sich so schlecht benommen, dass wir nicht nach Bergneustadt fahren durften“, berichtete Häger. „Deshalb fuhren wir nach Linz am Rhein.“ Peter Arnst entsinnt sich, dass sie dort aufgeklärt wurden: „Ganz zurückhaltend, uns wurde gezeigt, wie das bei den Tieren ist.“ Werner Ewert ist der Sportunterricht im Gedächtnis geblieben: „Wenn Schnee lag, brachten alle ihre Schlitten mit, wir sind runter gefahren bis zum Schloss. Wenn wir wieder hoch gelaufen waren, war die Schule aus.“