Peter Schiestel bleibt am Ball

Peter Schiestel wollte Fußball-Profi werden. Nach Operationen wurde er zum Schwerbehinderten und berät selber Behinderte.

Wülfrath. Mit 17 Jahren hat er überaus ambitioniert in der höchsten Amateurklasse Fußball gespielt — dann machten sechs Operationen am rechten und vier Operationen am linken Knie sämtliche Karriereträume zunichte. Peter Schiestel wurde Beamter, war im Wohnungsamt, im Einwohnermeldeamt sowie im Steueramt der Stadt tätig. Und vor allem war der inzwischen 62-Jährige, der selbst schwerbehindert ist, als Vertrauensmann der Schwerbehinderten aktiv.

Jetzt ist der Pensionär Schwerbehindertenbeauftragter des Landes NRW im Bereich Barrierefreiheit. „Vor allem berate ich die Leute“, beschreibt Peter Schiestel eine seiner wesentlichen Aufgaben an den regelmäßigen Mittwochs- und Samstagsterminen. Das fängt mit ganz einfachen Aufgaben an, natürlich gehe es sehr oft um Papierkram. „Durch entsprechende Schulungen, Seminare und die Routine weiß ich, wo Kreuzchen zu setzen oder die Fragen zu beantworten sind.“

Und weiß er es nicht, ruft er seinen Kontaktmann Norbert Killewald, Behindertenbeauftragter des Landes NRW, an oder schlägt im Sozialgesetzbuch nach. Mit „ganzem Herzen“ hat er sich diesem Ehrenamt gestellt, es macht ihn froh, helfen zu können. „Sie glauben gar nicht, wie allein die Menschen gelassen werden oder wie sie regelrecht abgeblockt werden.“

Von seinen „Freunden der Nacht“ bei den Krankenkassen könnte er Sachen erzählen, „das ist einfach unglaublich“. Dank seines Engagements und den Mitstreitern in der Wülfrather Gruppe gehen viele Dinge im Sinne der Antragsteller gut aus. Bis zum sogenannten Klageverfahren kann er Leute vertreten, „bislang habe ich alle Klagen ohne Verhandlung gewonnen“.

Es gibt auch Momente der Hilflosigkeit, aber nichtsdestotrotz versucht er, „immer am Ball zu bleiben“. Mit seinem unermüdlichen Engagement hat Schiestel viele andere angesteckt, Ehefrau Bärbel etwa. Seit drei Jahren ist sie als Schwerbehindertenbeauftragte für die Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft „unterwegs, und die Erfahrung, die mein Mann hat, hätte ich dafür gerne“. Da sind die Schiestels pragmatisch, ist Not am Mann, hilft man sich gegenseitig.

Auch in Sachen Entspannung sind Bärbel und Peter am liebsten gemeinsam am Start: bei ihrer gemeinsamen Leidenschaft, dem Fußball. „Aus dem Alter, dass wir Autogramme sammeln, sind wir raus“, ansonsten schlägt beider Herz im Gleichklang für Borussia Dortmund. „Mein Lieblingsverein, schon lange, bevor alle ihn toll fanden“, sagt er.

Ob Bundesliga, Pokal-Partie oder Champions-League-Begegnung, keines der im Fernsehen übertragenen Matches ihres Teams verpassen die beiden. „Wir haben dann bestimmte Rituale“, erklärt Peter Schiestel: Das Clubemblem muss auf dem Tisch liegen, seine Bärbel auf dem Sofa neben ihm sitzen, und eine Tafel Noisette-Schokolade hilft zur Beruhigung, „sonst geht die Partie schief“, orakelt der eingefleischte Fan. „Ich spiel’ ja mit!“, lacht der Ex-Kicker, der früher selbst als offensiver Mittelfeldmann das Spiel gestaltete.

In der Bundesliga, davon ist Peter Schiestel überzeugt, wird es am Ende der Saison wieder Platz zwei sein und in der Champions League „kann noch alles passieren“. Nur, über die fußballlose Zeit in der beginnenden Winterpause kann er bei allem Optimismus nicht lachen.