Ratingen: Umweltschutz - Das Ökokonto ist prall gefüllt

Ratingen hat sich einen stattlichen Natur-Vorrat zugelegt. Diesen bieten sie auch Bauherren an, die ihrer Pflicht zum Öko-Ausgleich nachkommen müssen.

Ratingen. Jeder kann es sehen - und doch hat es kaum jemand bemerkt: Die Stadtverwaltung hat am Broichhof ein beachtliches Vermögen angehäuft. Zwar nicht in Euro oder Gold, aber in einer Währung, die immer populärer wird: Ökopunkte. Fast eine Million hat Ratingen davon, zum aktuellen Umtauschkurs von 1,90 je Punkt entspricht das 1,8 Millionen Euro. Ein respektabler Schatz - in Form von Hecken, Laub- und Nadelbäumen. Annette Schwabe, im Grünflächenamt für Natur- und Umweltschutz zuständig, klingt sehr zufrieden, wenn sie vom Ökokonto der Stadt spricht. "Das wird eine ganze Weile reichen", meint sie. Schwabe hat dabei geholfen, es aufzubauen, sie wird in Zukunft auch beteiligt sein, wenn die grüne Währung wieder ausgegeben wird.

Der Zugriff aufs Ökokonto soll die Ausnahme, nicht die Regel sein

Wofür eigentlich ausgeben? Und wie? Ganz einfach: Als Ausgleich für Baumaßnahmen an anderer Stelle im Stadtgebiet. Wird irgendwo ein Acker asphaltiert, werden Bäume gefällt oder Büsche planiert, dann müssen die Bauherren die dezimierte Natur an anderer Stelle ersetzen - vielleicht Bäume pflanzen, ein Dach begrünen oder einen Teich anlegen. Das Ganze sollte räumlich möglichst nah beinander passieren. Wenn das nicht gelingt, können auch andere Flächen begrünt werden. Neu ist, dass Kommunen auch im voraus etwas für die Natur tun können. "Ratingen hat diese Änderung im Baugesetzbuch ziemlich schnell genutzt und als eine der ersten Städte ein Ökokonto eingerichtet", erklärt Annette Schwabe. Der Ratsbeschluss von 2002 wurde inzwischen in fünf Abschnitten umgesetzt, 260 000 Quadratmeter wurden mit etwa 20 Pflanzenarten bestückt, so standortgerecht wie möglich. "Das Gebiet war ideal", meint Schwabe, "durch die sandigen Böden war es landwirtschaftlich nicht so hochwertig und als Wasserschutzgebiet ohnehin mit vielen Auflagen belastet."

Das neue Wäldchen bringt frische Luft für die Stadt

Schwabe weiß von Berufs wegen, wie wertvoll eine solche Fläche für das Ratinger Klima ist: "Die Pflanzen kühlen die Luft ab, dadurch kommt Bewegung rein und es entstehen Frischluftströme." So hat die Stadt das Beste aus ihrem Brachland gemacht - und auch gleich noch einen Schritt weiter gedacht. Denn über das Areal verstreut wurden einzelne, seltenere Baumarten gepflanzt. Wenn das Wäldchen in etwa fünf Jahren für Spaziergänger freigegeben wird, kann es auch gleich noch mit einem Waldlehrpfad aufwarten. Eine Börse gibt es für die Ökopunkte zwar noch nicht, der Vergleich mit einer Währung reicht dennoch weit: Wenn irgendwo etwas aufgeforstet wird, ist die Rede von "einzahlen", wird das Konto beansprucht, gibt es eine "Abbuchung". Sogar mit Zinsen rechnen manche Kommunen, schließlich entwickeln sich die Flächen ökologisch weiter, werden über die Jahre wertvoller. Dieses Modell wird am Broichhof allerdings nicht angewandt. Wer weiß, vielleicht könnte Öko-Millionär Ratingen sonst sogar von seinen Zinsen leben.