Streetworkerinnen kümmern sich dort, wo es drauf ankommt

Ute Proschinski und Lilian Fischer sind für die Caritas unterwegs.

Foto: Achim Blazy

Wülfrath. Wenn Ute Proschinski und Lilian Fischer losziehen, scheint es beinahe, als schlenderten sie durchs Städtchen. Von ihrem Büro mitten in Wülfraths Innenstadt gehen sie los, achten dabei auf Personen oder Gruppen, die „irgendwie auffällig“ sind. Und was ist auffällig? „Das ist schwer zu sagen“, sagt Proschinski. „Ein Beispiel wäre, wenn jemand bei diesen Temperaturen in warmem Mantel herumlaufen würde. Aber so offensichtlich ist es meistens nicht. Es geht eher um ein Bauchgefühl.“

Beide Frauen haben langjährige Erfahrungen in der Wohnungslosenhilfe sammeln können und sind nun als Streetworkerinnen der Caritas-Suchthilfe in Wülfrath unterwegs. Obdachlose, Alkohol- und Drogenabhängige, Jugendliche aus problematischen Umfeld — um all diese Menschen kümmern sie sich. Die Orte, an denen sich diese Menschen aufhalten. bestimmen ihre Route durch die Stadt.

So gibt es auch in Wülfrath Plätze, an denen sie sich gerne aufhalten, wie etwa rund um den Stadtteich. Fischer und Proschinski gehen zum Spritzenautomaten im hinteren Bereich des Parkplatzes „Am Diek“. Um wirklich Vertrauen zu gewinnen, bedarf es eines großen Fingerspitzengefühls, erzählen sie, und einer gewissen Bereitschaft des Gegenübers, zuzuhören.

„Menschen, die auf der Straße leben und absolut am Rande der Gesellschaft leben, haben oft niemanden mehr, der sich ihnen, auch wenn es böse klingt, nähert. Manchmal sind sie ungepflegt, riechen unangenehm. Aber wir beschimpfen oder belehren sie nicht, wir schätzen sie, wie sie sind. Und diese Menschen freuen sich oft auch ganz besonders, wenn wir vorbei schauen.“

Ute Proschinski wirft einen Blick in den Spritzenautomaten. Wieder hat so gut wie kein Heroinabhängiger Gebrauch von dem vielfältigen Angebot der Spritzen in verschiedenen Größen gemacht. Und die Abfallbox für die benutzten Spritzen ist komplett leer. „Viele Suchtkranke konsumieren, indem sie die Droge ,sniefen’ oder rauchen, und manche wissen vermutlich nicht um die Existenz dieses Automaten“, mutmaßt Lilian Fischer, „vielleicht hat sich auch noch nicht herumgesprochen, dass der Apparat von uns gepflegt und gefüllt wird.“ Safer use, also das Lehren eines möglichst risikoarmen Umgangs mit Drogen, um Infektion mit Hepatitis oder HIV zu verhindern, gehört ebenfalls zum Aufgabenspektrum der „niedrigschwelligen Suchthilfe“.

Ute Proschinksi und Lilian Fischer wollen den Menschen auf der Straße die Scheu vor Hilfe nehmen, ihnen den Weg, etwa in die Suchtberatung, erleichtern. Sie möchten den Obdachlosen immer wieder Möglichkeiten aufzeigen, wie sie wieder Fuß fassen können. Nur: Zwingen können sie niemanden. „Wir dürfen nur dann tatsächlich auch Behörden einschalten, wenn es um akute Selbst- oder Fremdgefährdung geht“, sagt Lilian Fischer. „Ansonsten können wir nur anbieten und reden, die Türen offen halten, Wege ebnen.“

Die Caritas-Streetworkerinnen sind Teil eines großen Netzwerkes von Hilfsangeboten. Sie wissen, wo und wie sie schnellstmöglich Hilfe für die einzelnen Probleme ihrer Klienten finden können — sei es für einen dringend notwendigen Zahnarztbesuch oder einen Platz in einer Obdachlosenunterkunft. Im vergangenen Jahr hatten 116 Menschen in Wülfrath Kontakt zu den beiden Sozialpädagoginnen beziehungsweise ihrem Vorgänger.

caritas.de