Über den Kirchturm hinaus
Mit Axel Neubauer konnten Interessierte in die Geschichte des evangelischen Gotteshauses in Düssel eintauchen.
Wülfrath. Mit einem lauten „Gong“ unterbricht der Klang der Glocke alle Gespräche. „Das wollten wir doch einmal hören“, sagt Uwe Heinemann vom Vorstand des Bürgervereins schmunzelnd, nachdem er den Klöppel der größten der drei Glocken im Turm der evangelischen Kirche in Düssel in Schwingungen versetzt hat. Und Kirchenführer Axel Neubauer ergänzt: „Wenn die richtig schlagen, hält man es hier oben nicht aus.“
20 Interessierten hatte Neubauer zuvor die Geschichte der evangelischen Kirche erzählt und sie zum Abschluss auf den Kirchturm geführt, wo sie die drei Klangkörper bestaunen konnten. Wer nah genug herantrat, konnte sogar die Inschriften entziffern, die die Gießerei auf das Metall aufgebracht hatte. So erinnert die große Glocke, die 1920 vom Bochumer Verein hergestellt wurde, an die schmerzlichen Erfahrungen des Ersten Weltkriegs: „Nach des Krieges tiefen Weh‘, klingt ich friedlich in der Höh.“ Auf zwei Tafeln im Eingangsbereich der Kirche ist die Liste der Gefallenen und Vermissten aus Düssel zu sehen, die damals den Kämpfen zum Opfer fielen. „Im Zweiten Weltkrieg ging das schon gar nicht mehr, es waren zu viele“, erklärt Axel Neubauer, warum man sich daher auf einen eisernen Dornenkranz als Andenken einigte.
Auch am Gebäude hatte der Krieg damals Spuren hinterlassen. Am 8. März 1945 bombardierten Flugzeuge die Gegend, der Kirchturm ging in Flammen auf und das Hauptschiff wurde nur von größeren Schäden verschont, weil eine Brandbombe auf einer Lehmschicht der Zwischendecke verglühte. „Gleich nach den Angriffen gingen Sammellisten herum“, sagt Neubauer, „und weil es hier viel Landwirtschaft gab, wurden vor allem Eier und Kartoffeln gespendet, die verkauft werden konnten.“
Die Kirche war eben schon immer auf die Unterstützung ihrer Gemeindemitglieder angewiesen. Schon der Bau des Gebäudes hatte sich nach der Grundsteinlegung am 11. August 1873 immer wieder aufgrund finanzieller Engpässe verzögert. Erst drei Jahre später konnte sie eingeweiht werden. „Die Kosten waren insgesamt viel höher als geplant“, sagt Axel Neubauer: „So wie das heute auch noch oft ist.“
Statt der kalkulierten 13 000 Taler kostete die Kirche am Ende rund 30 000 Taler — Glocken und Orgel natürlich nicht mit einberechnet. Die kamen erst später hinzu und wurden immer wieder im Laufe der Jahre ersetzt. Denn das Metall der Glocken wurde während der Kriege für Waffen eingeschmolzen.
Die Orgel hingegen wurde beim Umbau 1961 durch eine große Petersorgel ersetzt. Mit 1348 Pfeifen ist sie ähnlich klangvoll wie die Glocken, aber längst nicht so weit zu hören. Diese ertönen weiterhin täglich um 7, 12 und 19 Uhr. „Nur am Wochenende läuten wir morgens erst um neun Uhr, damit die Leute ausschlafen können“, sagt Axel Neubauer.
“ Die nächste kostenlose Führung findet am 22. September um 18.30 Uhr statt.