Velberter Stadtgeschichte: Über den rechten Glauben wurde handfest gestritten
Die Evangelische Kirchengemeinde Velbert feiert im kommenden Jahr ihr 450-jähriges Bestehen. Anlass zu einem Blick in die Geschichte.
Velbert. Die Evangelische Kirchengemeinde Velbert steht vor einem Doppeljubiläum: Im kommenden Jahr wird das 450-jährige Bestehen gefeiert, zugleich wird die Christuskirche 100 Jahre alt.
Mitte des 16. Jahrhunderts gehörte die der heiligen Ida geweihte Kirche am Offers zum Einflussbereich der Werdener Abtei und war der dortigen Pfarre St. Clemens am Born unterstellt. Erst 1518 hatte der Werdener Abt den Velbertern einen eigenen Vikar zugestanden, erst 1533 das Recht, ihre Verstorbenen im Schatten von St. Ida zu begraben.
Die Velberter jedoch strebten nach deutlich mehr Unabhängigkeit. Als diese nicht zu bekommen war, trat um 1560 der katholische Vikar Winmar Schönfeld mit 51 Familien des Kirchspieles Velbert zum lutherischen Glauben über.
Der "neue Glauben" gewann rasch weitere Anhänger. Doch schon 1618 entbrannte ein Streit zwischen Lutheranern und den der Lehre Calvins anhängenden Reformierten um den rechten Glauben. Dabei ging es aber nicht zuletzt auch um den Besitz von Schule, Kirche und deren Renten.
Nachdem die Fehde sogar in der Kirche handgreiflich ausgetragen wurde, schritt die Obrigkeit ein und schloss das Gotteshaus auf Jahre: "In Ermangelung von Katholiken hat man sich halt untereinander geprügelt", sagt Kirchenarchivar Gerd Lensing. Die Uneinigkeit der Landesfürsten im Umgang mit den sich ausbildenden Konfessionen tat ein übriges, um die Auseinandersetzungen in Velbert zu befeuern.
1731 eskalierte der Streit erneut: Jetzt ging es um die Nutzung der Orgel in der inzwischen gemeinsam genutzten Kirche. Immerhin gelang es 1765, sich auf den Bau eines neuen Gotteshauses anstelle der baufälligen, einstmals katholischen Kirche zu einigen.
Doch erst 1862, nach fast 250 Jahren, kam es zum Zusammenschluss der beiden Gemeinden zur unierten Velberter Kirchengemeinde. Sie erhielt 1910 mit der Christuskirche sogar ein neues Gotteshaus, die Kirche am Offers war nun die "alte Kirche": Aus der Bezeichnung des Volksmundes ist heute der offizielle Name geworden.
Einen Höhepunkt in der Gemeindegeschichte markieren die ersten drei Synoden der Landeskirche in der Rheinprovinz nach dem Zweiten Weltkrieg. In den Jahren 1946, 1948 und 1950 waren die Treffen "in jeder Hinsicht eine Riesenherausforderung", berichtet Lensing.
Erstes Hindernis für die Synodalen, die aus allen drei Besatzungszonen und dem damals zeitweilig zu Frankreich gehörenden Saarland anreisten, waren die erforderlichen Reisepapiere. Außerdem mussten sie eigene Lebensmittelmarken mitbringen, denn Verpflegung war knapp. Getagt wurde im Velberter Bürgerhaus, in Alter Kirche und Christuskirche.
Ein historischer Moment ist 1948 die Gründung der "Evangelischen Kirche im Rheinland" in Velbert. Die Nachfolgerin der Preußischen Landeskirche der Rheinprovinz erstreckt sich heute über ein Gebiet zwischen Emmerich und Saarbrücken in den vier Bundesländern Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Hessen und Saarland mit 771 Kirchengemeinden in 39 Kirchenkreisen.
Eine erneute "Teilung" gibt es im Jahre 1958, jedoch nicht aus theologischen, sondern aus demographischen Gründen: Der starke Zuzug nach dem Krieg erfordert die Gründung der Gemeinde Dalbecksbaum im Westen der Stadt.
Zur Evangelischen Kirchengemeinde Velbert gehören seither der östliche Teil von Velbert-Mitte und das Stadtzentrum. Sie zählt heute 9800 Mitglieder und hat vier Pfarrstellen.