Velberter Theater: Ein Zauberwald aus Farben und Licht
Kultur: Exklusiv in NRW ist im Velberter Forum Niederberg die historische „Zauberwald“- Kulisse aus dem Jahr 1911 in einer originalgetreuen Reproduktion zu sehen.
Velbert. Sanftes Licht dringt durch das Blattwerk der Bäume. Über dem Waldboden scheint noch der Morgennebel zu schweben, der die Konturen verschwimmen lässt. Gleich könnte Puck mit seiner Zauberblume hinter einem der Stämme hervortreten und sich an dem Liebeschaos erfreuen, das er in der Nacht verursacht hat.
Wahrhaft zauberhafte Anblicke bietet die historische "Zauberwald"-Kulisse des Meininger Hoftheaters, die jetzt in Velbert zu sehen ist. Exklusiv in Nordrhein-Westfalen, so Kulturchef Fabian Kern, wird im Forum Niederberg die handgemalte, originalgetreue Reproduktion der Waldkomposition von Max Brückner aus dem Jahr 1911 gezeigt.
"Die Original-Dekorationsteile, die wie durch ein Wunder zusammen mit 274 weiteren historischen Kulissen die Wirren der Kriege und die DDR-Zeit überlebt haben , sind äußerst wertvoll und in Meiningen nur im Museum zu betrachten", so Kern. In den 70er Jahren hatte man auf einem Dachboden den theaterhistorischen Schatz entdeckt.
Der kunstsinnige Meininger Herzog Georg II. hatte im 19.Jahrhundert das Theater durch die Einführung eines Regisseurs und eines historisch richtigen Bühnenbildes revolutioniert. Die Kulissen für sein Hoftheater in der südthüringischen Stadt ließ er im Atelier des Coburger Landschaftsmalers Max Brückner (1836-1919) herstellen. "Mit seinen Inszenierungen ging das Meininger Theater auch auf Reisen durch ganz Europa. Und das Publikum war begeistert über die Dekorationen. So etwas hatte man nie zuvor gesehen", erzählt Kern.
Für den Zauberwald aus William Shakespeares "Sommernachtstraum" schuf Brückner eine bunte, an impressionistische Gemälde erinnernde Waldansicht. Das sieben Meter hohe und 15 Meter breite Bühnenbild besteht aus mehreren Teilen: Den Abschluss nach hinten bildet der sogenannte Prospekt, eine bemalte Leinwand. Sie ist durchbrochen und mit durchscheinendem, ebenfalls bemalten Stoff hinterlegt. So kann sie auch von hinten beleuchtet werden.
Vor dem Prospekt werden drei Bögen vom Schnürboden über der Bühne herabgelassen. Die Bögen bestehen aus einem Gaze-Gewebe, auf das - filigran ausgeschnitten - weitere gemalte Bäume und Astwerk aufgebracht sind. Im Vordergrund zeigen sogenannte Hänger Blumen und Gras. "Die riesigen Leinwände wurden auf dem Boden liegend bemalt. Da musste jeder Pinselstrich sitzen. Heute können das nur noch sehr wenige Theatermaler - und das Ganze ist so teuer, dass es sich kaum ein Theater leisten kann", sagt Fabian Kern.
Beim Betrachter entsteht durch die verschiedenen Ebenen ein Eindruck räumlicher Tiefe - aus der Entfernung blickt man scheinbar in einen dichten Wald. Durch verschiedene Beleuchtungen lassen sich zudem ganz unterschiedliche Stimmungen erzeugen - vom Sonnen- oder Mondaufgang bis hin zu verschiedenen Jahreszeiten oder spukhaften Effekten. "Ein fertiges Beleuchtungskonzept gibt es zu dem Bühnenbild nicht - wir müssen experimentieren", sagt Bastian Groneweg, technischer Leiter des Kultur- und Veranstaltungsbetriebs. Eine Herausforderung für das ganze Team.
Im 19. Jahrhundert wurden solche Kulissen übrigens erst mit Öl-, später mit Gaslaternen beleuchtet. Kern: "Wenn die zu nah hingen, brannte die ganze Bühne lichterloh."