Walburga Lambrecht: Von der Schule in die Politik
Die ehemalige Hauptschullehrerin engagiert sich jetzt in der CDU.
Wülfrath. Eigentlich könnte sie es ruhig angehen lassen. Sie muss sich nicht mehr von der Eile durchs Frühstück treiben lassen, um pünktlich vor ihren Schülern zu stehen. Ihre Schulprojekte führen jetzt andere weiter und auf dem Schreibtisch stapeln sich schon seit Monaten keine Klausuren mehr. Inmitten einer entspannten Plauderei wird jedoch schnell klar: Walburga Lambrecht will noch mal durchstarten.
Die pensionierte Hauptschullehrerin denkt nicht daran, die Hände in den Schoß zu legen. Schon bei der Verabschiedung im vergangenen Sommer hatten Kollegen ihr humorvoll prophezeit: Du wirst noch mal Bundeskanzlerin. Es war wohl nahe liegend mit Blick auf all das, was Walburga Lambrecht im Rückblick ihr „Lebenswerk“ nennt.
Sie lud Politiker in die Schule ein und setzte sich mit ihren Schülern in den Berliner Bundestag. „Hier schläft mir keiner beim Zuhören auf der Tribüne ein“, hatte sie den Jugendlichen zuvor eine klare Ansage gemacht. Stattdessen wurden vorher Fragen ausgearbeitet und nachher Pressetexte verfasst.
Wer nun aber glaubt, Walburga Lambrecht würde sich damit begnügen in der Vergangenheit zu schwelgen, sollte sich eines Besseren belehren lassen. Lange hat es jedenfalls nicht gedauert, bis ihr klar war: Ich gehe jetzt in die Kommunalpolitik. Angeklopft hat sie vor ein paar Monaten bei der Wülfrather CDU, mittlerweile wurde sie als Beisitzerin in den Vorstand gewählt.
„Ich bin nicht der Typ, der immer nur das Protokoll führt oder auf der Straße die Bleistifte verteilt“, stellt sie klar. Auch ihre Parteigenossen lässt sie über ihre Ambitionen nicht im Unklaren. Selbstbewusst, streitbar und mit dem Blick fürs Machbare: Die Fraktion darf sich auf eine engagierte Mitstreiterin freuen. Womöglich könnte es aber auch hin und wieder ungemütlich werden.
Denn einfach nur irgendwo mitmischen, um damit das vom Ruhestand gelangweilte Ego aufzupolieren: Das hat Walburga Lambrecht nicht vor. Für die mühsame Ochsentour durch kommunalpolitische Gremien fehlt ihr ohnehin die Zeit: „Ich werde kaum mit über 70 im Rat sitzen.“ Stattdessen sieht sie sich möglichst bald im Schulausschuss oder dort, wo es bei der Kreispolitik um Bildungsbelange geht.
Derweilen drängt sich die Frage auf, warum es vor dem Hintergrund ihres langjährigen Engagements für benachteiligte Schüler mit Migrationshintergrund gerade die CDU ist, für die sich Walburga Lambrecht zukünftig zu Wort melden möchte. Schließlich haben die Christdemokraten diese Klientel nicht unbedingt ganz oben stehen auf ihrer politischen Agenda. Und auch Walburga Lambrecht sieht sich eher beim liberalen Flügel der Partei.
„Aber ich wollte mich einer pragmatischen und erfolgreichen Partei anschließen“, gibt sie einen Einblick in die Beweggründe. Nun wird sie für sich herausfinden müssen, ob ihr die Unterordnung unter die Parteidisziplin gelingt. Denn an einem Lebensprinzip hat Walburga Lambrecht nie einen Zweifel gelassen: Ihre Unabhängigkeit will sie sich nicht nehmen lassen.
Deshalb kann man sich auch nur schwer vorstellen, dass sie die Hand für etwas hebt, dass sie nicht für richtig hält. „Ich konnte immer loslassen und weiß, dass ich überall auch wieder gehen kann“, sagt sie - womöglich gerade weil sie weiß, dass es Wichtigeres im Leben gibt als sich sinnlos aufzureiben.