Weihnachts-Erinnerungen werden wach

Tannenzapfen, Clementine, Spekulatius — gerade Senioren verbinden damit die Festtage.

Wülfrath. Man macht keine Experimente mit Menschen, die am Anfang gar nicht wissen, um was es eigentlich geht. Schon gar nicht mit Senioren, die ein so reichhaltiges Leben bereits gelebt haben. Margret Gehlen, Elisabeth Bassier, Heinz Rudolf Stanilowski und Emmi Richter leben im Alten- und Pflegeheim der Bergischen Diakonie in Oberdüssel. Ihre langen und erfahrungsreiche Leben haben schon so viele Adventszeiten, Heiligabende und Bescherungen erlebt. Wir haben den vier Senioren Spekulatius, eine Clementine und einen Tannenzapfen in die Hände gegeben und sie gefragt: Woran erinnert Sie das an Weihnachten?

„Oh ja, die haben wir zuhause immer in den angrenzenden Wäldern gesammelt“, sagt Margret Gehlen als sie den Tannenzapfen in die Hände nimmt. Als Kinder von vielleicht vier, fünf Jahren sei die Wülfratherin immer mit ihrem Onkel losgezogen und hätten sie au dem Waldboden aufgelesen.

„Wir haben die Zapfen, die besonders schön, sauber und nicht kaputt waren, dann mit nach Hause genommen und dort haben wir uns alle an den Tisch gesetzt und gebastelt“, erzählt die 86-Jährige. Mit Schwester Ilse und Bruder Heinz wurden dann kleine Kunstwerke für den Gabentisch gezaubert.

Auch den Velberter Heinz Rudolf Stanilowski (74) erinnern die Zapfen an die Kindertage. man habe sie ebenfalls im Wald gesammelt und später damit gespielt. Spielzeug war früher eben so leicht zu beschaffen und mit Phantasie hatten sie allerlei Funktionen: Auto, Ball oder auch einfach Dekorationen.

Emmi Richter bekommt ganz leuchtende Augen beim Anblick der dunklen Zapfen. Sie fühlten sich so besonders an mit ihren Rippen. Im Elternhaus habe man sie immer gesammelt und dann zu Weihnachtskränzen verarbeitet. „So hat an Heiligabend immer ein wunderschöner Kranz auf dem Tisch gestanden, der von uns selbst gebastelt war.“ Das waren richtige bayerische Weihnachten in Tirschenreuth, wo Richter vor 81 Jahren geboren ist.

Einer der Kränze hat Jahrzehnte überlebt: „Er steht auch dieses Jahr wieder bei meinem Schwager auf dem Tisch. das sagte er mit gerade am Telefon“, erzählt Richter.

„Diese Zapfen riechen immer so stark nach Wald und Tannen“, erzählt Elisabeth Bassier. Die 86-Jährige ist im Ruhrgebiet in Dinslaken aufgewachsen. Dort hat man sie in der Weihnachtszeit gesammelt. Wofür? Fürs Ofenheizen und fürs Dekorieren der Weihnachtsteller.

„Ich mochte noch nie den Geschmack. Ich aß früher lieber alle Arten von Plätzchen“, gibt Margret Gehlen zu. Spekulatius seien nicht ihr Fall. Die Gewürze mag sie gar nicht. „Ich habe sie einfach immer weiter verschenkt“, sagt sie lachend.

Wenn sie gut gebacken sind, schmecken sie Heinz Rudolf Stanilowski — und am liebsten mit Mandeln natürlich.

Emmi Richter rümpft sofort die Nase, als sie die Spekulatius zwischen die Finger nimmt. „Ich mag sie einfach nicht“, sagt sie. Ihr Mann Hans-Peter habe sie noch vor ein paar Tagen überzeugen wollen und brachte ihr bei einem Besuch erst vor ein paar Tagen wieder ein paar mit. „Er will mich unbedingt überzeugen“, sagt sie grinsend. Aber sie sei einfach anders. Als Kind habe sie deshalb auch immer „die Dinger“ an ihre Geschwister verschenkt.

Elisabeth Bassier mag vor allem die kräftigen Gewürz-Spekulatius und erinnert sich noch an die Kindheitstage, in denn es fast nichts gab. „mein Bruder hat seine immer ganz schnell aufgegessen, weil er Angst hatte, jemand nehme sie ihm weg.“ Er aß auch schon mal ihre Spekulatius an, um vermeintliche Ansprüche festzulegen, erzählt Bassier lachend. Heute gebe es eine solche Auswahl in den Geschäften, die vielen verschiedenen Düfte habe es damals mit deutlich weniger Sorten gar nicht gegeben.

Margret Gehlen schmunzelt: „Clementinen lassen sich so gut schälen.“ Auch wenn die Finger immer schnell nach Zitrusduft rochen und auch die kleinen Fäden aus dem Inneren erst einmal abgewischt werden müssten, sei die kleine orangefarbene Frucht so etwas wie DAS Obst für den Gabenteller. Sehr süß im Idealfall, sei sie zu Weihnachten ein Muss auf jedem Teller.

„Mmmhhh, ja sie hat mir immer hervorragend geschmeckt“, sagt Heinz Rudolf Stanilowski. Es habe sie aber leider nur selten in seinen Kindertagen gegeben. Es waren nur wenige, die ihren Weg in Kindermünder fanden.

„Keine Kerne dürfen sie haben“, stellt Emmi Richter klar. genauso wie bei Weintrauben. Dann schmeckten sie. Aber auch nur dann.

Typisch Weihnachten, sagt Elisabeth Bassier spontan, als sie die Clementine in den Händen hält. Vor allem nach dem Krieg habe sie so viele wie möglich gegessen, um vieles nachzuholen.

Und was sonst noch? Alle vier Senioren bedauern vor allem, dass weiße Weihnachten heute eigentlich kaum noch möglich sind. In Bayern habe es das immer gegeben, sagt Emmi Richter. Aber in Wülfrath wissen sie alle vier, ist die Chancen drauf nur sehr gering.