Wenn Passanten Ausflugstipps geben
WZ-Redakteur Daniel Neukirchen spielte Tourist in Wülfrath und fragte Bürger nach Sehenswertem in ihrer Stadt.
Wülfrath. „Entschuldigung, ich war noch nie in Wülfrath. Gibt es hier Sehenswürdigkeiten?“ Wir stehen vor dem Stadtplan oder irren ziellos umher und spielen den „Touri“. Insgeheim lautet die Frage: Auf welche Ecken stoßen die Wülfrather einen Auswärtigen? Und, wie verkaufen sie ihr Städtchen?
Eine junge Frau mit Tätowierungen schickt eine Warnung vorneweg: „Ich wohne erst seit zwei Jahren hier.“ Ihr Tipp: „Die Steinbrüche sind schön.“ Ansonsten gibt es nur ein Schulterzucken für uns: „Das ist eine kleine Stadt.“
Mehr Werbung macht da eine Wülfratherin, die offenbar ein bisschen länger hier lebt. „Gehen Sie in die kleine, süße Altstadt“, sagt sie. Dann legt sie uns das Niederbergische Museum ans Herz: „Da gibt es eine Bergische Kaffeetafel!“
Normalerweise wären wir schon auf dem Weg zu den duftenden Waffeln, aber die eigentliche Mission ist ja eine andere. Nächster Ansprechpartner ist ein jüngerer Wülfrather, der gerade aus einem Bus steigt. Und, gibt es Sehenswertes in Wülfrath? „Nö“, ist die erste Reaktion. Wir ziehen schon fast weiter, da entpuppt sich der Unbekannte doch zu einem wahren Touristenführer. Wir bekommen nicht nur die Altstadtkirche und das Niederbergische Museum ans Herz gelegt, sondern erhalten auch einen Überblick über die Wülfrather Stadtteile. „Wenn du dich für den Kalksteinabbau interessierst, lohnt sich Rohdenhaus.“ Zudem kriegen wir Ausgehtipps mit auf den Weg: „Das Pegasus und Evis Bistro sind gute Orte, wenn du nette Leute kennenlernen willst.“
Bei dem falschen Touristen in uns verfestigt sich der Eindruck: In Wülfrath ist etwas los. Als nächstes stören wir zwei Frauen beim Gespräch am Diek. Gibt’s hier etwas zu sehen? Wieder die Antwort: „Nö.“ Aber diese Frauen meinen es auch so. Wir sehen einen entschuldigenden Blick und hören: „Na ja, es gibt die historische Altstadt. Zehn Häuser in einer Reihe.“ Uns wird empfohlen: „Das Neandertal ist nicht weit.“ Frau Nr. 2 nennt noch den Zeittunnel. Selbst sei sie aber noch nie da gewesen.
Ein Taxifahrer müsste uns doch bessere Tipps geben können. Doch der Mann am Stand winkt ab: „Ich wohne erst seit März hier.“ Trotzdem empfiehlt er uns die „schöne Altstadt“ und den Zeittunnel. Aber: „Was das ist, weiß ich nicht.“ Exakt den gleichen Satz zum Zeittunnel hören wir von einer älteren Dame. Ein junger Mann weiß mehr: „Das ist eine Reise durch die Erdgeschichte.“ Er gibt uns eine Wegbeschreibung und empfiehlt, in den Bus zu steigen. Einen neuen Tipp bekommen wir von einem Velberter: „In Düssel gibt es eine schöne Wasserburg.“
Fazit: Fast alle Wülfrather empfehlen die Altstadt oder den Zeittunnel. Vielleicht die erfreulichste Erkenntnis: Bei unserem Test gab es keinen einzigen Wülfrather, der uns nicht helfen wollte. Die Touristen können also kommen.