Wie Flüchtlinge Heiligabend feiern

In Syrien, Eritrea und Albanien spielt das Fest unterschiedliche Rollen. Berichte von drei Nationalitäten.

Foto: Ulrich Bangert

Wülfrath. Nuguse Gebrebrhan aus Eritrea freut sich schon auf Weihnachten. Nicht auf den Heiligabend am 24. Dezember, sondern auf das andere Weihnachten. Das Fest, das er aus der Heimat kennt. „Bei uns in Eritrea feiern wir Weihnachten am 7. Januar“, berichtet der 20-Jährige. Er ist vor zwei Jahren allein in Wülfrath angekommen und wird in diesem Jahr in der Flüchtlingsunterkunft am Rathaus mit einem gemeinsamen Essen den besonderen Tag begehen.

Für Eden Tesfamichal, ebenfalls aus Eritrea, ist es das erste Weihnachtsfest in Wülfrath. „Ich weiß noch nicht, was ich an dem Tag tue“, sagt die 26-Jährige. Nur eines steht fest: Sie wird ihre Verwandten kontaktieren, die noch in Eritrea leben. Sie erinnert sich an Weihnachten in Afrika: „Für uns ist Weihnachten ein sehr religiöses Fest.“ Die Familie komme zusammen und traditionell wird für den Tag ein Schaf geschlachtet, dessen Fleisch gegessen wird. „Die Kinder bekommen meist neue Kleidung geschenkt, die sie zum Fest tragen“, berichtet Tesfamichal. Den Weihnachtsbaum kennt man auch in Eritrea, weil ihn die britischen Kolonialisten ins Land brachten.

Metohija Besnik denkt an seine Kindheit in Albanien zurück, als Weihnachten staatlich verboten war. Die Kommunisten hatten Albanien nämlich 1968 zum atheistischen Staat erklärt und jegliche Religionsausübung untersagt. Das blieb so bis 1990. „Wir haben trotzdem gefeiert — aber im Geheimen“, berichtet der 37-Jährige, der seit zwei Jahren mit seiner Frau und seinen zwei Kindern (3 und 1,5 Jahre alt) in Wülfrath untergekommen ist.

Die gläubigen Katholiken feiern das Weihnachtsfest auch vom 24. bis 26. Dezember. Auf den Tisch kommen bei der Familie aber nicht Würstchen und Kartoffelsalat oder Raclette, sondern Truthahn und zum Nachtisch Baklava. Das kenne der Flüchtling so aus Albanien. Seine Tochter entdeckt mittlerweile westeuropäische Bräuche, die es in Besniks Heimat nicht gegeben hat. Als die Dreijährige in der Adventszeit ein Geschenk gefunden hatte, fragte sie: „Ist der Nikolaus gekommen?“ Besnik habe sich erst gewundert, dann aber behauptet: „Ja, das war er.“ Jetzt will er den Brauch beibehalten. „Ich mache es jetzt einfach so wie hier“, stellt er fest und lacht. Auch die Tradition des Adventskranzes hat neu Einzug bei Besniks Familie gefunden.

Shaban Abdo (33) ist gerade frisch aus dem syrischen Aleppo geflüchtet. Er hat zwei Kinder, wovon eines während der Flucht in einem griechischen Lager geboren wurde. Auch er feierte in Syrien Weihnachten, obwohl er Moslem ist. „Wir haben früher mit den Christen zusammen gefeiert“, berichtet er. Freunde und Nachbarn kamen zu Besuch und man saß am 24. und 25. Dezember über die Religionsgrenzen hinweg beisammen. Als der Krieg kam, hörte das Miteinander zum Fest schlagartig auf.

Shaban Abdo ist nachdenklich. Der 33-Jährige weiß, wofür Weihnachten steht. „Alle Christen wollen doch eigentlich den Frieden“, sagt der Syrer. „Aber die Politiker haben keinen Blick dafür.“ Abdo feiert in diesem Jahr kein Weihnachten. Den Feiertag, so wie er ihn kannte, gibt es nicht mehr.