Sanitäter nach Unfall attackiert
Bei einem Einsatz in Velbert wurden Helfer von Freunden und Angehörigen der Opfer an ihrer Arbeit gehindert. Ein Trend, der Polizei und Feuerwehr besorgt.
Velbert. Nach einem schweren Autounfall ist am Mittwochabend in Velbert der anschließende Rettungseinsatz eskaliert. Nach Angaben der Polizei wurden Sanitäter von mehreren Tätern beleidigt, bedroht und angegriffen. „Die Helfer sollen mehrere Minuten daran gehindert worden sein, den schwer verletzten Unfallopfern zu helfen“, berichtet Kreis-Polizeisprecher Ulrich Löhe. Es sei ein bedenklicher Trend: „Wir stellen eine Verrohung im Umgang mit Amtsträgern und Helfern fest.“ Allerdings habe der Vorfall i´n Velbert eine besondere Qualität aufgezeigt.
Das war geschehen: Gegen 18.40 Uhr erfasste ein 28-Jähriger auf der Berliner Straße mit seinem Auto zwei Fußgängerinnen (69 und 71), die dunkel gekleidet die Straße überquerten. Nach Angaben des Unfallfahrers nahm er die Frauen trotz Straßenbeleuchtung erst wahr, als es bereits zur Kollision gekommen war. Beide Fußgängerinnen wurden auf die Straße geschleudert. Sie kamen schwer verletzt ins Krankenhaus. Bei der 69-Jährigen konnten die Ärzte nach ersten Auskünften eine Lebensgefahr nicht ausschließen. Der unter Schock stehende Autofahrer blieb nach eigenen Angaben unverletzt.
Nur kurze Zeit nach dem Unfall versammelten sich rasch 40 bis 50 Gaffer am Unfallort, unter denen sich nach Erkenntnissen der Polizei auch Bekannte, Freunde und Angehörige der Unfallopfer befanden. Mehrere dieser Personen störten die Arbeit von Rettungsdienst und Polizei mit ihrem aufgebrachten Verhalten massiv und behinderten dabei nach Angaben der Polizei sogar die ärztliche Versorgung der Verletzten.
„Welches Motiv dahinter steckte, können wir noch nicht sagen“, so Löhe gestern. Die Täter, die nach dem Vorfall angezeigt wurden, sollen noch zu dem Vorfall verhört werden. Löhe zeigte zwar Verständnis für die besonderen Emotionen nach solch einem tragischen Unfall, jedoch nicht für das Handeln der bereits teilweise ermittelten Männer.
Diese bedrohten auch den Unfallfahrer, versuchten, ihn aus dem Polizeiwagen zu ziehen und traten gegen das Unfallfahrzeug. Der 28-Jährige musste unter Polizeischutz abtransportiert werden. Die angespannte Situation konnte nur durch weitere Einsatzkräfte beruhigt werden, die auch die Verteidigung mit Pfefferspray androhen mussten. Wegen dieser Erfahrungen wurden sogar am Klinikum Niederberg und der Uni-Klinik Essen vorsorglich Schutzmaßnahmen veranlasst.
Der Vorfall ist keine Ausnahme. Nach Angaben der Gewerkschaft der Polizei NRW gab es im Bundesland im vergangenen Jahr 7840 Übergriffe auf Polizisten. In 497 Fällen wurden dabei die Beamten schwer verletzt. Selbst Helfer der Feuerwehr merken, dass sie immer häufiger bei Einsätzen ins Fadenkreuz geraten.
Belastbare Zahlen gibt es dazu noch nicht. Der stellvertretende Kreisbrandmeister Mirko Braunheim sagt aber: „Gefühlt haben die Übergriffe im Kreis zugenommen.“ Das Innenministerium plane, künftig auch die Fallzahlen für Feuerwehr und Rettungsdienst zu erfassen. In Großstädten werde bereits diskutiert, ob nicht auch Rettungskräfte mit Pfefferspray und Schutzwesten auszustatten sind, so Braunheim. „Das kann aber nicht die Lösung sein“, glaubt er. Ein besserer Weg seien für den stellvertretenden Wehrleiter aus Haan Deeskalations-Schulungen für alle Kräfte.