20 Jahre alte Stadtteilbücher aufgetaucht

In Düssel, Rohdenhaus und der Ellenbeek verewigten sich Bürger mit Fotos, Bildern und Anekdoten in riesigen Bänden. Die kiloschweren Relikte gibt es bald im Niederbergischen Museum zu sehen.

Wülfrath. Die Stadtteilbücher sind keine handliche Lektüre. Die drei gebundenen Werke sind jeweils rund 20 Kilo schwer und haben aufgeklappt eine Spannweite von fast zwei Metern. Fürs Umblättern mehrerer Seiten braucht man da schon beide Hände. „Von diesen Büchern wissen nur noch ganz wenige Leute“, ist sich Eberhard Tiso, Trägervereins-Vorsitzender des Niederbergischen Museums, sicher.

Er hat die Relikte gehoben, die zwischen 1994 und 1996 in den Stadtteilen Düssel, Rohdenhaus und der Ellenbeek gefertigt wurden. „Nach einer Ausstellung in der Kreissparkasse sind die Bücher jahrelang im Stadtarchiv verschwunden“, so Tiso. Er erinnerte sich jedoch an die damalige Bürger-Aktion und spürte die Monsterbücher wieder auf.

Foto: Simone Bahrmann

Sie sind eine Liebeserklärung der Bürger an ihre Stadtteile. „Das sind ganz lebendige Bücher“, sagt Trägervereins-Geschäftsführerin Karin Fritsche. 1994 machte das „Mobile Kunst- und Geschichtsmuseum“ erstmals in der Ellenbeek Halt, die beiden Jahre darauf folgten Rohdenhaus und Düssel.

In einem Zelt, in dem auch eine heimathistorische Ausstellung zu sehen war, füllten die Bürger ihre Stadtteilbücher mit Leben. Erlaubt war alles. „Es wurden keine besonderen Vorgaben gemacht“, erklärt Tiso. So verewigten sich Kinder mit Bildern und Zeichnungen, ihre Eltern schrieben Anekdoten auf, Vereinsvertreter klebten Bilder ein und so weiter.

Wenn man der damaligen Festschrift aus Düssel glauben darf, brach bei den Beteiligten ein richtiges Heimatforscher-Fieber aus. „Familie Dietrich aus Düssel nahm die Arbeit sehr ernst und riss sogar die Dielen ihres Dachbodens heraus“, heißt es in der Zeitung aus dem Jahr 1996. Auf diese Weise sollen Pfannen, Löffel und alte Medizin zum Vorschein gekommen sein.

Andere klebten ihre alten Zeugnisse ein und kommentierten diese. „Obwohl ich in Führung ein ,gut’ hatte, weiß ich noch, dass ich regelmäßig eine Ohrfeige bekommen habe“, heißt es im Düsseler Buch. Auf jeder Seite ist ein neuer Schatz zu entdecken: So ist die Geschichte des Nachtigallenwegs ebenso von einem Autoren dokumentiert worden wie die „Erinnerungen an den Bambini-Club 1996“ mit Bildern. Der ehemalige evangelische Pfarrer Manfred Bünger zeigte das Dorf mit Fotos.

Im Buch der Ellenbeek sind viele Beiträge von Migranten enthalten. Auch das gehört zu der Geschichte des jüngeren Wülfrather Wohnquartiers. Ein serbisches Kind hat ein großes Herz auf eine Seite mit der Überschrift „Jugoslawien“ gemalt. Am Rande durchgekreuzte Panzer und Gewehre, darunter die Frage: „Können wir nicht wieder wie früher zusammenleben?“

Die Bücher sollen ab Februar im Niederbergischen Museum zu sehen sein. Wie sie die Zeitdokumente am besten den Besuchern präsentieren, darüber zerbrechen sich Tiso und Fritsche noch den Kopf. Eigentlich sollen Interessierte in den Büchern blättern können, vielleicht sogar nach den eigenen Beiträgen oder denen der eigenen Kinder suchen. Doch Tiso fürchtet um den Zustand der mehr als 20 Jahre alten Lektüre. „Wenn da jeder einfach so drin blättert, werden die Bücher hinterher beschädigt oder Seiten herausgerissen“, sagt der Vorsitzende des Trägervereins. Auf jeden Fall soll daher eine Aufsicht positioniert werden. Ein genaues Datum für die Ausstellung steht noch nicht fest. Fritsche hofft, dass die Bücher vielleicht andere Bürger anregen, ihre alten Zeitdokumente im Museum vorbeizubringen. „Vielleicht gibt es ja eine Folgeausstellung.“