Wülfrath: Mit Charme und Patina
Das Restaurant Ratskeller feiert sein 150-jähriges Bestehen.
Wülfrath. Das Haus steht allein an einer Weggabelung. In der Ferne ist die Stadtkirche zu erkennen, um die sich kleine Fachwerkbauten gruppieren: Wülfrath um 1860 herum zeigt diese historische Aufnahme. "Damals war der Ratskeller nicht in der Innenstadt", sagt Jutta Korten. Sie führt die Gastlichkeit in der vierten Generation. Ab Dienstag wird einen Monat lang gefeiert: 150 Jahre Ratskeller.
Eine Wülfrather Institution, das ist das Restaurant an der Wilhelmstraße, Ecke Düsseler Straße. Mit Charme und Patina der Tradition und der nötigen Prise Moderne auf der Karte wirbt das Haus um Gäste. "Dabei bleibt unser Augenmerk nicht auf Wülfrath allein reduziert, sondern wir blicken über die Stadt hinaus", sagt Jutta Korten. Dem pflichtet Küchenchef Rainer Heuschen selbstbewusst bei: "Zwischen Stemberg im Osten und Düsseldorf ist noch viel Platz für ein Restaurant mit hoher Qualität." Die will er liefern.
Restaurant und Kneipe: Der Ratskeller war in der Vergangenheit beides. "Früher gab es eine Stehbierhalle, die einen getrennten Eingang hatte", erinnert sich Korten. Sie war drei, als ihre Eltern Fritz und Carla die Leitung übernommen hatten. Eine Geschichte ist ihr besonders in Erinnerung - ein echtes "Döneken": Zu vorgerückter Stunde - die Küche war schon geschlossen - betrat ein sichtlich angetrunkener Mann die Gaststube durch den Eingang Wilhelmstraße. Ihr Vater habe ihn höflich, aber bestimmt heimwärts geschickt. Kurz darauf kommt der gleiche Kunde - diesmal durch den Eck-Eingang. Ein Kopfschütteln des Vaters habe gereicht und der Mann sei umgekehrt. Durch die Fenster habe man erkennen können, dass sich der durstige Wülfrather dem dritten Eingang an der Düsseler Straße näherte und schließlich eintrat. Beim Anblick Fritz Kortens habe er sich gewundert: "Nee, gehören Dir alle Kneipen in Wülfrath?"
Nach dem Tod ihres Vaters war der Ratskeller einige Jahre verpachtet, ehe sie die Leitung in 2005 übernommen habe. "Seither sind wir alle bemüht, das Haus aus dem Dornröschenschlaf zu wecken", sagt Jutta Korten. Die Zeiten hätten sich geändert. Mit Café Euer, dem Lebensmittelmarkt Bruchhaus und der Metzgerei Schultheiß sei das direkte Umfeld bis in die 1980er-Jahre hinein attraktiver gewesen. Der Fortzug der Kalk-Hauptverwaltung und der Umzug des Rathauses hätten darüber hinaus negative Effekte mit sich gebracht.
Mit Heuschen habe sie jetzt einen Koch, der die Traditionen wahre. So stehen Fritz Kortens Klassiker Russentopf und Paprika-Rahm-Schnitzel auf der Speisekarte. Er führe die Küche aber auch in eine neue, zeitgemäße Richtung: frisch, gesund, abwechslungsreich und jung mit heimischen Zutaten. Bis Sonntag gibt es noch - passend zum Oktoberfest - bayrische Schmankerln. Dann beginnen die Festwochen: leckere Klassiker der deutschen Küche, "alte Süppchen" und "vergessene Desserts".