Wülfrath: Turnerbund in der Krise
Der Verein ist ohne Führung, Vorsitzender Rolf Tiebel hat das Handtuch geworfen, im Vorstand fehlt das Vertrauen. Nun sucht der Ältestenrat einen Nachfolger.
Wülfrath. Sprachlosigkeit. Ratlosigkeit. "Dann ist die Versammlung jetzt wohl beendet", sagt Ältestenrat Ralf-Robert Atteln. Es ist kurz vor 21 Uhr im Heim der Arbeiterwohlfahrt. Und der Turnerbund Wülfrath - mit 1.624 Mitgliedern der größte Verein der Stadt - steckt in einer tiefen Krise.
Vorsitzender Rolf Tiebel wirft das Handtuch und Schatzmeisterin Sabine Fischer tritt nicht mehr an. Nur der 2.Vorsitzende Ulli Hill steht noch zur Verfügung. Ein neuer Vorsitzender ist nicht in Sicht.
Bis zum 26. April bleiben Tiebel und Hill somit kommissarisch im Amt. Dann findet eine außerordentliche Mitgliederversammlung statt. Bis dahin sucht der Ältestenrat nach neuem Führungspersonal. Dessen Vertreter Bernhard Jürgens appelliert an die rund 60 Mitglieder auf der Jahreshauptversammlung: "Bitte fragen Sie auch andere Mitglieder, ob sie uns einen Kandidaten nennen können."
Misstrauen und eine gewisse Gereiztheit: Das waren die Zutaten, die bis zu diesem Zeitpunkt das Klima der Versammlung geprägt hatten. Dem amtsmüden Tiebel war schon bei seinem Jahresbericht anzumerken, dass der ganz große Spaß am Vorsitzenden-Dasein abhanden gekommen war.
Tiebel sowie sein Stellvertreter betonten, dass das Jahr 2009 finanziell ein schlechtes gewesen sei. Es wurde mit einem Minus von 18.000 Euro abgeschlossen - eine Lücke, die mittlerweile von einem Sponsor mit einer Spende gestopft wurde, wie Sabine Fischer anmerkte. Seit 10. März hat der Großverein die Finanzen in die Hände eines Steuerberaters geben - eine Entscheidung, die keine Kritik hervorrief.
Die Finanzen aber waren es, die insbesondere aus Reihen der Badminton-Abteilung etliche Fragen aufwarfen. Hier speziell im Visier: die Ausgaben für Übungsleiter, Mini-Jobs und Vertragsspieler. Unterschwellig wurde Kritik an der Handball-Abteilung geübt. Deren Abteilungsleiter Jörg Märtens klärte auf und verwies auf die Aufstiege seit 2007, die höhere Kosten verursacht hätten.
Er bekräftigte erneut: Durch Sponsorengelder würde die Kosten gedeckt. Märtens: "Wir belasten den Etat des Hauptvereins nicht, können ihm aber auch keine Reichtümer verschaffen." Erklärungen, die die Vereinsführung bestätigte - aber der Unmut unter einigen Mitgliedern blieb. Die Quittung: Gleich zwölf Mitglieder der Badminton-Abteilung erteilten dem Vorstand keine Entlastung.
Seit 1997 führte Tiebel die Geschicke des Vereins. Inwiefern die angespannte Atmosphäre am Montagabend zu seiner Entscheidung beigetragen hat, darüber lässt sich nur spekulieren. Er machte aber klar, dass "eine vertrauensvolle Basis ins Wanken geraten ist". Und das betrifft auch die interne Kommunikation mit seinem Stellvertreter.
Sitzungsunterbrechung, das Studium der Satzung, Gespräche in kleinen Gruppen: Wenn auch der Rücktritt Tiebels so sehr nicht überraschte (die WZ hatte das vergangene Woche bereits angekündigt), wirkte die Versammlung ein Stück weit erschrocken. In dieser Schockstarre fand sich kein potenzieller Vorsitzender. Jetzt ist der Ältestenrat um Atteln und Jürgens gefragt. Kein einfacher Job.