Camping-Mord: Partnerin fühlte sich bedrängt
Die Polizei äußert sich zum möglichen Motiv des Camping-Mords. Die Verdächtige habe sich vom Opfer eingeengt gefühlt.
Niederkrüchten. Nach dem Camping-Mord in Niederkrüchten haben Polizei und Staatsanwaltschaft gestern Details bekanntgegeben. Danach soll die Lebensgefährtin des Opfers die Tat mit ihrem Sohn geplant und gemeinsam mit zwei jungen Männern ausgeführt haben. Die Neusserin und der Viersener (54) führten seit etwa einem Jahr eine Beziehung. Im Herbst 2017 pachteten sie eine Parzelle auf dem Campingforst am Laarer See in Niederkrüchten. Ihre Wohnungen in Neuss und Viersen behielten beide bei — der Wohnwagen diente ihnen dazu, ihre Beziehung ausleben zu können, wie es Hauptkommissar Ingo Thiel gestern formulierte.
Am Mittwochmorgen hatte die Polizei in Mönchengladbach zwei junge Männer festgenommen. Die Ermittler sind davon überzeugt, dass die 23-Jährigen gemeinsam mit der 51-jährigen Neusserin und ihrem 20-jährigen Sohn den Lebensgefährten der Frau ermordet haben. Ein Haftrichter schickte bereits Mitte März Mutter und Sohn wegen gemeinschaftlichen Mordes in Untersuchtungshaft, jetzt folgten die beiden jungen Gladbacher.
In der Partnerschaft fühlte sich die Neusserin, die einen Aushilfsjob hatte, offenbar stark eingeengt. „Das Opfer war speziell, was Beziehungen anging“, so Thiel. Der Viersener sei „sehr einnehmend“ gewesen, habe „sehr forsch“ auf seine Lebensgefährtin eingewirkt. Auch körperliche Auseinandersetzungen habe es gegeben. „Letztlich sah sie für sich keinen anderen Ausweg mehr, sich aus dieser Beziehung zu befreien“, so Thiel, als den Tod ihres Lebensgefährten zu planen.
Nach den Erkenntnissen der Ermittler verging etwa eine Woche zwischen der Planung und der Ausführung der Tat. Am Abend des 18. Januar alarmierte die Neusserin über Notruf die Polizei: Sie habe ihren Lebensgefährten tot im Wohnwagen gefunden. Thiel war um 23.45 Uhr dort. Schnell war den Ermittlern klar, dass der Viersener nicht Opfer eines Raubmordes geworden war: „Das sah aus wie eine Inszenierung, nicht wie ein klassischer Raubüberfall“, so Thiel. Damit begann die akribische Arbeit der Ermittler, in die neben der 20-köpfigen Mordkommission auch zahlreiche Fachleute wie Wissenschaftler eingebunden waren.
Mit Unterstützung von Diensthundeführern und Polizeitauchern kamen die Ermittler weiter. Leichenspürhund „Miss Marple“, trainiert darauf, menschliches Blut zu erschnüffeln, fand im Wäldchen neben der Parzelle des Opfers einen Pflasterstein. Harald Schneider, führender Experte für DNA-Analyse beim Landeskriminalamt in Wiesbaden, konnte an dem Pflasterstein Hautschuppen des Opfers und der Neusserin nachweisen. Ein Polizeitaucher förderte im Laarer See das Handy des Vierseners zutage. Dieses habe einen Kontakt enthalten, den die Lebensgefährtin fingiert habe, berichtete Thiel. Mit Hilfe von Profilern entwickelten die Ermittler ein Bewegungsbild der Täter. Am 14. März nahmen sie schließlich die Neusserin und ihren Sohn in ihren Wohnungen fest. Im Laufe der Vernehmungen wurde deutlich, dass zwei weitere Personen an der Tatausführung beteiligt waren: die beiden 23-jährigen Mönchengladbacher, die am Mittwoch festgenommen wurden.
Die beiden jungen Männer sind laut Polizei bislang nicht auffällig geworden. Beide hatten nach dem Abitur eine Ausbildung begonnen — der eine als Einzelhandelskaufmann, der andere als Maurer wie der 20-jährige Sohn auch. Beide seien zur Tat angestiftet worden und hätten „das Angebot angenommen, ein bisschen Geld zu bekommen“. Dabei sei es nicht nur darum gegangen, dem Mann einen Denkzettel zu verpassen. „Der sollte nicht mehr aufstehen“, so Thiel. „Es war klar, dass am Ende der Tod steht.“
Der Viersener kam nicht allein durch einen Schlag mit dem Pflasterstein zu Tode. Er sei durch eine „Kombination von Einwirkungen“ gegen Kopf und Oberkörper gestorben, habe stumpfe und offene Verletzungen gehabt. „Es sind verschiedene Sachen eingesetzt worden“, berichtete Thiel, der hinzufügte: „Die ganze Geschichte kann sich ein Drehbuchautor nicht ausdenken.“