Arbeiten und Gemeinschaft erleben
In Vinkrath erbringen 210 Mitarbeiter mit Behinderung Dienstleistungen für Industrie, Handwerk und Gemeinde.
Vinkrath. In der Wäscherei des Heilpädagogischen Zentrums (HPZ) Grefrath-Vinkrath wird fleißig gebügelt, gemangelt und gestärkt. Einige Meter weiter im Foyer überstreicht eine Gruppe Maler die grünen Wände weiß. Auch in der Kantine ist schon einiges los, in wenigen Minuten beginnt die Mittagspause.
Die ehemalige Volksschule Vinkrath ist 1971 in eine Werkstatt für Menschen mit Behinderung umgewandelt worden. Der Begriff Heilpädagogisches Zentrum ist historisch bedingt, erklärt Hans-Peter Braf (51), Werkstattleiter Produktion: „In den Anfangszeiten wurde hier pädagogische Sozialarbeit mit Kindern geleistet.“
Inzwischen gibt es in Vinkrath 210 Plätze für Menschen mit geistigen und psychischen Erkrankungen sowie Mehrfachbehinderungen. Die Grundidee ist, den Behinderten eine Beschäftigungsmöglichkeit zu geben und gleichzeitig die betreuenden Familien zu entlasten. Dabei wird individuell auf die verschiedenen Anforderungen der Werkstattmitarbeiter eingegangen.
40 Angestellte sowie FSJler (Freiwilliges Soziales Jahr), Praktikanten und Bufdis (Bundesfreiwilligendienstler) kümmern sich in Vinkrath um die Bedürfnisse, die je nach Grad der Erkrankung ganz unterschiedlich ausfallen. „In der Regel besteht der Gruppenverband aus zwölf Personen plus einem Leiter“, erklärt Reiner Zanders (61), Sozialpädagoge und Werkstattleiter Rehabilitation. „Im Mehrfachbehindertenbereich ist die Gruppe natürlich kleiner, da kommen auf acht Leute zwei Betreuer.“
Aber was genau wird im Heilpädagogischen Zentrum gemacht? „Viele Leute haben ein falsches Bild von der Werkstatt im Kopf. Hier werden keine Kerzen, Besen oder bunte Handarbeit hergestellt, die auf Weihnachtsmärkten verkauft werden“, betont Braf. „Unsere Mitarbeiter erbringen Dienstleistungen für Betriebe aus der Industrie, dem Handwerk und der Gemeinde.“
Diese Dienstleistungenreichen reichen von einfachen Verpackungsarbeiten bis hin zu komplexen Montagen und hauswirtschaftlichen Tätigkeiten. In einem Werkstattbereich werden zum Beispiel die Gartenschläuche von Gardena für den Verkauf passend vorbereitet, verpackt und in Kartons zusammengefasst. In einem anderen Teil der großen Produktionshalle ist eine Gruppe dabei, Marmeladengläser einzuschweißen. Damit die Mitarbeiter mit Behinderung sich weiter entwickeln können, gibt es verschiedene Schwierigkeitsgrade, die auch unterschiedlich entlohnt werden.
Die Werkstatt ist für Menschen mit Behinderung nicht das Ende der Reise. Ziel ist es, die Mitarbeiter auf den Arbeitsmarkt überzuleiten. „Über die Jahre haben wir festgestellt, dass man die Menschen nicht einfach so aus der Werkstatt rausreißen kann. Häufig scheitert es an den neuen Arbeitsplatz nicht an den Fähigkeiten, sondern an der sozialen Komponente“, so Zanders. Im vergangenen Jahr wurden acht Mitarbeiter übergeleitet. Ein beachtlicher Erfolg, finden die Werkstattleiter.
Neben der Arbeit ist die Persönlichkeitsförderung eine wichtige Komponente im HPZ. „Wir schulen durch Angebote wie ein Sportprogramm und Fortbildungskurse unsere Schützlinge in Kompetenzen wie Umgangsformen, Konfliktlösung und Tagesstruktur“, erklärt Hans-Peter Braf.
Bei den Schwerstbehinderten sieht die Förderung anders aus. Sie brauchen Unterstützung bei alltäglichen Handgriffen, wie zum Beispiel die Jacke auszuziehen oder die Tasche zu verstauen. Dafür wird ein Großteil der Zeit aufgewendet.
Was im HPZ besticht, ist die freundliche und offene Stimmung. „Jeder unser 210 Mitarbeiter ist stolz darauf, arbeiten zu dürfen und zu einer Gemeinschaft dazu zu gehören“, sagt Braf.