Anna Lucia Richter singt Lieder von Felix und Fanny Furioser Mendelssohn-Abschluss

Kempen · (oeh) Menschlich waren sich Felix Mendelssohn und seine vier Jahre ältere Schwester Fanny seit ihrer Jugend stets sehr nahe, ebenso wie in ihrem kompositorischen und interpretatorischen Wirken. Davon zeugt ein umfangreicher Briefwechsel, den Mira Bartuschek und Nicholas Reinke – beide gebürtige Kempener, die erfolgreich als freie Fernseh- und Filmschauspieler arbeiten – dem Publikum in der Paterskirche nahebrachten.

Anna Lucia Richter konnte beim Konzert alle Facetten ihrer vokalen Kunst zeigen, Ammiel Bushakevitz war ihr idealer Mitgestalter am Flügel.

Foto: Lübke, Kurt (kul)

Das taten sie anmutig und mit untadeliger Diktion. Peter Landmann las die erklärenden Zwischentexte. Aus den Briefen spricht die Bewunderung für das Oeuvre des jeweils anderen, aber auch die Abneigung des in der Öffentlichkeit Bewunderten gegen die Bestrebungen seiner Schwester, ihre Kompositionen zu veröffentlichen. Erst spät willigte der Bruder ein.

Interessanten Einblicke wurden von den Liedern noch überstrahlt

Überstrahlt wurden die interessanten Einblicke in das geschwisterliche Verhältnis von der Vorstellung einer Reihe von Liedern aus der Feder von Fanny und Felix, wobei keinerlei qualitative Unterschiede auszumachen waren. Fast austauschbar erschienen die mal lyrisch-versunkenen, dann wieder überschäumend fröhlichen Kostbarkeiten, mit denen die hervorragende Mezzosopranistin Anna Lucia Richter alle Facetten ihrer vokalen Kunst zeigen konnte.

Wer noch die Konzerte und Liederabende der bis vor zwei Jahren als Sopranistin wirkenden Sängerin im Ohr hat, kann am besten ermessen, welche stimmliche Weiterentwicklung die inzwischen sogar zu den Salzburger Festspielen (Zerlina in Mozarts „Don Giovanni“ unter Teodor Currentzis) eingeladene Künstlerin genommen hat. Die lichte, sichere Höhe ist geblieben, doch zum Mezzobereich hin weitet sich die Stimme bruchlos und bronzefarben mit inzwischen beachtlichem Volumen. Dazu gesellt sich eine schier unerschöpfliche Gestaltungspalette.

Ammiel Bushakevitz war ihr idealer Mitgestalter am Flügel – brillant selbst schwierigste Passagen verzaubernd, dabei die Intentionen der Sängerin sorgfältig beachtend. In den nicht enden wollenden Schlussapplaus, der selbstverständlich auch die Rezitatoren mit einbezog, mischte sich der Wunsch nach einem Liederabend mit diesem hervorragenden Duo.

Nach einer willkommenen Kaffeepause sorgten Geigerin Mirijam Contzen und sieben Mitglieder des Ensembles Resonanz mit dem Oktett für vier Violinen, zwei Violen und zwei Celli für einen mitreißenden Abschluss des Festivals. Mendelssohn schrieb dieses Werk als 16-Jähriger, ein Jahr vor seinem „Sommernachtstraum“. Überquellende Melodienfülle bestimmen Kopf- und Finalsatz, das Andante besteht aus Thema und Variationen, und das Scherzo – pianissimo und staccato vorzutragen – ist vermutlich inspiriert von Goethes Walpurgisnachtstraum im „Faust“. Von Contzen energisch geführt, stürzten sich die jungen Musiker mit Enthusiasmus in dieses bemerkenswerte Opus. „Es waren vier wunderbare Mendelssohn-Tage“, resümierte Mitinitiator Matthias Kirschnereit unter donnerndem Applaus.