Das Dach kommt aus der Bäckerei

Im Freilichtmuseum ging es gestern um Lebkuchenhäuser.

Foto: Lübke

Grefrath. „Knusper, knusper, knäuschen, wer knuspert an meinem Häuschen?“ - Die Antwort auf die Frage der Hexe kennt wohl jedes Kind. Die Geschichte um das Geschwisterpaar Hänsel und Gretel, die als Oper am 23. Dezember 1893 zum ersten Mal aufgeführt wurde, hat Lebkuchenhäuser neben Spekulatius und Christstollen zu einem der beliebtesten Weihnachtsgebäck-Spezialitäten gemacht. Wie ein Lebkuchenhaus angefertigt wird, konnten Familien gestern im Niederrheinischen Freilichtmuseum erfahren.

„Wir bauen heute die stabilste und damit einfachste Variante“, erklärt Luzy Guthmann, freie Museumspädagogin. „Das Dach besteht aus zwei gleich großen Platten, die bis zum Boden gehen. Für die Stirnseiten werden passende Dreiecke aus dem Lebkuchen ausgeschnitten.“ Der Pfefferkuchen der Bäckerei Hardy Kreutschmann hat bereits die richtige Größe für das Dach.

„Das erste, was jetzt gemacht werden muss, ist der Guss“, sagt Guthmann. Dafür verrührt jede Familie Wasser und einen Spritzer Zitronensaft mit viel Puderzucker, damit der Guss besonders klebrig wird. Nachdem die Dreiecke ausgeschnitten sind, geht es an das Kleben. In Alufolie eingewickelte Styropor-Platten bilden den Boden der Häuser. „Wenn ich jetzt loslasse, bricht das Haus ein“, sorgt sich Daniela Pohl aus Kempen, die mit ihrer Tochter Hanna (8) und deren Freundin Lilli (8) an der Aktion teilnimmt und beim Ausschneiden und Leimen hilft. Schnell sind die Grundgerüste festgeklebt.

Kleine Löcher im Dach bessern Lilli und Hanna mit Dominosteinen und Schokoriegeln aus. Danach geht es an das Verzieren. Aus den Lebkuchenresten können Formen ausgestochen werden, die anschließend auf das Haus geklebt werden. Dafür hat Guthmann viele verschiedene Ausstech-Förmchen mitgebracht, darunter alle Figuren einer Weihnachtskrippe.

Lillis Lebkuchenhaus bekommt eine Schokoladentür, aus der Maria und Josef herausschauen. Hanna klebt einen Schneemann aus Marzipankugeln vor ihr Haus und für beide gibt es noch bunte Streuselfenster und einen großen Pappstern, der auf das Dach geklebt wird.

Während die Kinder an ihren Häusern basteln, erklärt Luzy Guthmann das Besondere am Lebkuchen. „Er enthält viele verschiedene Gewürze wie Zimt, Anis und Nelken. Das sind viel mehr, als in normalen Keksen und Kuchen.“ Am Ende des 19. Jahrhunderts sahen die Zutaten des Pfefferkuchens aber noch anders aus. „Das ursprüngliche Rezept für Lebkuchen bestand aus Honig und dunklem Mehl. Es gab früher sogar den Beruf des Lebkuchenbäckers“, erklärt die freie Museumspädagogin. „Je mehr Gewürze im Laufe der Zeit nach Europa kamen, desto mehr wurde der Pfefferkuchen verfeinert.“

Vor weit mehr als hundert Jahren galt das Gebäck jedoch als Rarität. „Diese Häuschen waren sehr exklusiv, nur Menschen von höherem Stand konnten sich so etwas leisten. Das gemeinsame Essen an einem Festtag hatte auch einen ganz anderen Stellenwert als heute.“

Am Ende darf jedes der acht Kinder sein eigenes Lebkuchenhaus mit nach Hause nehmen. Über das Schicksal ihrer Werke sind sich Hanna und Lilli aber einig: „Nicht sofort aufessen, sondern erst mal ein bisschen anschauen.“ lik