Corona-Pandemie Zwischen Aufatmen und Luftanhalten

Kempen · Die Zahl der Corona-Patienten im Kempener Hospital geht zurück, die Impfungen des Personals schreiten voran. Bei allem Optimismus bleibt aber Vorsicht.

Die Intensivstation im Hospital zum Heiligen Geist – deziet werden dort keine Corona-Patienten behandelt.

Foto: WZ/Tobias Klingen

Die Infektionszahlen stagnieren, steigen eher wieder ein bisschen an, als dass sie sinken würden. Die Situation in den Krankenhäusern scheint sich indes beruhig zu haben. Vorerst. Rund 20 Patienten werden noch in den Hospitälern des Kreis Viersen behandelt, nur ganz vereinzelt müssen sie auf der Intensivstation versorgt werden (siehe Kasten). Grund zum Aufatmen? „Seit ein paar Tagen sehen wir wieder mehr Patienten“, sagt Dr. Jan Kraan, Oberarzt im Kempener Hospital zum Heiligen Geist. Auf seiner Intensivstation gebe es derzeit keine Corona-Patienten. „Erst vor wenigen Tagen mussten wir aber noch jemanden von der Intensivstation an die Uniklinik in Düsseldorf verlegen.“ Es gibt sie also weiterhin, die schweren Fälle.

Die vergangenen Wochen waren für Dr. Kraan und sein Team „wie eine Achterbahnfahrt“: „Im Dezember und Januar war die Situation schon sehr belastend“, sagt er. Durch den Lockdown habe es sich dann etwas beruhigt. Aktuell seien unter den Patienten viele Jüngere oder Menschen über 80, die noch keinen Impf-Termin bekommen konnten. Aus den Pflegeheimen kämen aber mittlerweile fast keine Patienten mehr. Und auch der letzte Corona-Todesfall im Hospital liege gut zwei Wochen zurück.

Dennoch sähen Ärzte und Pfleger die Lage skeptisch. „Wir merken ein leichtes Aufflackern“, sagt Dr. Kraan. „Die Angst ist da, da es nun draußen auch wärmer wird, die Menschen der Maßnahmen überdrüssig werden, dass die wichtigen Regeln nicht mehr so eingehalten werden.“ Als er neulich in Düsseldorf gewesen sei, habe er mit klopfendem Herzen die Menschenmassen auf den Rheinwiesen betrachtet. „In zwei Wochen kommt dann womöglich der Boomerang.“

Natürlich würden die Älteren nun nach und nach geimpft. Aber auch die Jüngeren könnten durchaus schwer an Corona erkranken und sollten dies nicht auf die leichte Schulter nehmen. „Der jüngste Mensch, den wir hier beatmet haben, war Mitte 20 und hatte keine Vorerkrankungen“, so der Oberarzt. „Gottseidank hat er überlebt.“

Die Behandlung hat sich im
Laufe des Jahres verändert

Insgesamt habe sich im Verlauf des vergangenen Jahres einges bei den Behandlungsmöglichkeiten getan. „Es gab einen enormen Wissenszuwachs“, so Dr. Kraan. „Was vor einem Jahr noch ein No-Go bei der Behandlung war, hat sich mittlerweile etabliert.“ Beispielsweise sei man dazu übergegangen, Patienten nicht-invasiv über eine Maske zu beatmen. Das sei schonender für den Patienten und bringe gute Erfolge. „Vor einem Jahr hatte man noch Angst, die Aerosole könnten eine Gefahr für die Mitarbeiter darstellen. Heute wissen wir, dass die Mitarbeiter sicher sind.“ Und auch was die Medikation angehe, verfüge man nun über größere Erfahrungswerte.

Profitiert habe man auch davon, dass das Team im Laufe des Jahres das gleiche geblieben und die Mitarbeiter enger zusammengerückt seien. „Wir haben es den Kollegen auf der Covid-Station freigestellt, ob sie auf eine andere Station wechseln möchten. Aber am Ende ist das Team von Anfang an bis heute gleich geblieben“, berichtet Maida Smajlovic, Leiterin des Pflegedienstes. Sie sei stolz auf den guten Zusammenhalt und die gute Zusammenarbeit mit dem Ärztlichen Dienst. „Für uns alle war die Situation neu, aber wir haben uns nun ein Jahr lang eingearbeitet und das Vertrauen ineinander ist dadurch noch gewachsen“, so Smajlovic.

Man habe aber eben auch einiges gemeinsam durchgemacht, besonders seit Dezember. „Die Zeit von vor Weihnachten bis Ende Januar, Anfang Februar war eine ziemlich schwere“, bestätigt Stationsleiterin Chantal Smit. Die Umstände seien in dieser Zeit sehr schwierig gewesen, sagt auch Dr. Jan Kraan. „Alle hier sind über Weihnachten an die Grenzen ihrer Belastbarkeit gestoßen. Es war nicht leicht, die gewohnte Qualität bei der Behandlung und Pflege zu gewährleisten. Aber wir haben es geschafft.“

Grund zum Optimismus geben auch die voranschreitenden Impfungen des Krankenhauspersonals. Die Mitarbeiter der höchsten Prioritätsgruppe erhalten am Dienstag ihre Zweitimpfung, so Kraan. Auch das übrige Personal solle in der kommenden Woche die erste Impfung erhalten. „Das ist eine Erleichterung, auch beispielsweise für die Kollegen in der zentralen Notaufnahme, die ja auch Kontakt zu Schwerkranken haben, bei denen man noch nicht weiß, ob sie Corona haben. Es ist für alle im Haus eine Erleichterung“, so Dr. Kraan.

Für ihn selbst mache die Impfung im Umgang mit den Patienten keinen sehr großen Unterschied. „Ich betreue Covid-Patienten seit März, achte auf Abstand und Schutzkleidung und habe noch nie Angst gehabt. Wir hatten auch noch keinen Fall, bei dem eine Virusübertragung  von einem Patienten auf einen Mitarbeiter stattgefunden hätte.“ Man wisse, dass die Maßnahmen wirksam sind, der Umgang sicher. Aber es gebe eben auch ältere Mitarbeiter oder solche, die selbst einer Risikogruppe angehören oder zuhause Angehörige pflegen. Für die mache die Impfung nochmal einen größeren Unterschied.

Das Ziel hat das Team im Kempener Hospital jedenfalls fest im Blick: „Wir werden zusammen kämpfen, bis es endlich vorbei ist“, sagt Stationsleiterin Smit. „Das müssen wir dann groß feiern, alle zusammen.“ Hoffentlich bald.