Lokale Wirtschaft Das Kempener Verlagshaus teNeues muss ins Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung
Kempen · Nicht zuletzt die Corona-Krise hat der Kerngesellschaft des traditionsreichen Verlagshauses teNeues zugesetzt – nun läuft ein Sanierungsverfahren.
„teNeues“ ist eine Marke aus Kempen, die weltbekannt ist. Nun gerät diese Marke arg ins Schleudern. Die „te Neues Media GmbH & Co. KG“ teilte am Mittwoch über eine PR-Agentur mit, dass das sogenannte Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung angemeldet worden ist. Das Amtsgericht Krefeld habe einem entsprechenden Antrag bereits zugestimmt, heißt es in der Pressemitteilung. Bei der GmbH mit Sitz Am Selder 37 handelt es sich um die Kerngesellschaft des Verlags – der teNeues Media Gruppe.
Andere Unternehmen, die mit dem Namen teNeues verbunden sind, sind nicht vom Verfahren betroffen. Das bestätigte die beauftragte PR-Agentur auf Nachfrage der WZ. So zum Beispiel die teNeues Druckereigesellschaft, Mülhauser Straße 157. Oder die teNeues Calendars & Stationery GmbH & Co. KG, die seit 2019 die Kalender-Sparte von Grefrath aus betreibt. Das Unternehmen gehört zur Neumann-Wolff Gruppe aus Kiel und hat seinen Sitz im ehemaligen Johnson-Controls-Verwaltungsgebäude. Auch die Auslandsgesellschaften der teNeues Media-Gruppe mit Sitzen in London, Paris und New York sind laut Mitteilung nicht von der Insolvenz betroffen.
Betrieb soll während des Verfahrens normal weitergehen
Zurück zur betroffenen GmbH: „Die Gruppe ist ein international tätiger Verlag für Corporate Publishing-Bücher sowie hochwertige Bildbände für den Handel. Programmschwerpunkte sind unter anderem Fotografie, Design, Kunst oder Automobil. Im Corporate Publishing-Geschäft verlegt teNeues Bücher mit und über namhafte Unternehmen und Marken, darunter BMW, Mercedes-Benz, Porsche, Ferrari, Cartier, Rimowa, Rolex und viele mehr“, heißt es in der Pressemitteilung. „Bei teNeues geht es während des Sanierungsverfahrens ganz normal weiter“, wird Uwe Kießling, Geschäftsführer, in der Mitteilung zitiert. „Alle Projekte sollen pünktlich und in der gewohnten Qualität fortgeführt werden.“
„teNeues hatte bereits Ende vergangenen Jahres einen Restrukturierungsprozess beschlossen“, teilt das Unternehmen mit. „Die Gespräche mit den Beteiligten verliefen vielversprechend und waren weit fortgeschritten, als plötzlich die Corona-Pandemie ausbrach.“ Dies habe zu einem „erheblichen Umsatzeinbruch“ geführt, da der Handel mit Bildbänden hauptsächlich im stationären Buchhandel stattfinde und deshalb nicht über den Online-Handel kompensiert werden konnte. „Angesichts dieser Entwicklung war die Neuaufstellung über ein Eigenverwaltungs-Verfahren die bestmögliche Lösung. Zurzeit prüft die Geschäftsführung gemeinsam mit ihren Beratern, welcher der bestmögliche Weg für die geplante Sanierung ist: eine Investorenlösung oder ein Vergleich mit den Gläubigern über einen Insolvenzplan.“
Die Geschäftsführung hat die rund 35 deutschen Mitarbeiter nach eigenen Angaben bereits über den Stand der Dinge und die weiteren Schritte unterrichtet. Die Löhne und Gehälter der Arbeitnehmer seien während des vorläufigen Eigenverwaltungs-Verfahrens für drei Monate über die Bundesagentur für Arbeit gesichert. Bis Ende des Jahres soll das Sanierungsverfahren abgeschlossen sein.
Verfahren ist eine Möglichkeit zum Neuaufbau der Firma
Für die Dauer des Verfahrens wird die Geschäftsführung nach eigenen Angaben von zwei Restrukturierungsexperten beraten: Peer Jung von der Kanzlei Henningsmeier und Thorsten Holland von der Unternehmensberatung Angermann Consult GmbH. „teNeues ist ein gut eingeführtes Unternehmen mit einem weitverzweigten Vertriebsnetzwerk und einem erstklassigen Produktportfolio“, wird Peer Jung in der Mitteilung zitiert. „Insofern sehe ich gute Chancen, um das Unternehmen langfristig wieder auf eine solide finanzielle Basis zu stellen.“
Das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung bietet Unternehmen einen rechtlichen Rahmen, um sich bei laufendem Geschäftsbetrieb und in enger Abstimmung mit den Gläubigern binnen weniger Monate grundlegend neu aufzustellen. „Die unternehmerische Verantwortung bleibt dabei weiterhin in den Händen der Geschäftsführung“, teilt teNeues mit. „Dies wird nur solchen Unternehmen zugestanden, die bei wirtschaftlichen Problemen frühzeitig selbst tätig werden und bei denen genügend Handlungsspielraum für eine Lösung besteht. Begleitet wird das Verfahren durch einen gerichtlich bestellten Sachwalter, der als Interessenvertreter der Gläubiger die Sanierung überwacht.“ Als vorläufiger Sachwalter bestellte das Krefelder Amtsgericht Dr. Peter Minuth von der Düsseldorfer Kanzlei Piepenburg.
Verleger Hendik te Neues war im Herbst 2019 plötzlich gestorben
Bis zum vergangenen Jahr war das Unternehmen im Besitz des Verlegers Hendrik te Neues. Im Herbst 2019 ist er im Alter von 67 Jahren in München gestorben. Aus gesundheitlichen Gründen hatte er sich schon im Laufe von 2019 aus dem operativen Geschäft zurückgezogen und die Führung in die Hände von Uwe Kießlich und seinem Team gelegt. Hendrik te Neues war häufig Thema in den Boulevardmedien. Dazu geführt hatten unter anderem seine Beziehungen zur früheren TV-Moderatorin Karoline Beil und zur schillernden Stephanie Gräfin Bruges-von Pfuel.
Das Druck- und Verlagshaus te Neues wurde 1931 in Krefeld gegründet. Nach dem Zweiten Weltkrieg folgte der Wiederaufbau des Familienunternehmens in Kempen. Von dort reifte der Name te Neues zu einer Weltmarke im Buch- und Verlagswesen. Nach seinem Studium kümmerte sich Hendrik te Neues in den 1980er Jahren um den Aufbau des Geschäftes in den USA. Mitte der 1990er Jahre kehrte der gebürtige Hülser zurück an den Niederrhein und führte mit seinem Bruder Sebastian das Unternehmen von Kempen aus. Die verbliebene Druckereigesellschaft, die nicht vom Insolvenzverfahren betroffen ist, wird von Jan und Tobias te Neues geführt.