Eine Rose wandelt sich. Es beginnt mit einer realistischen Zeichnung der komplexen Blüte in allen Schattierungen von Schwarz, Grau und Weiß. Fast plastisch wirkt sie durch geschicktes Setzen der Schatten. In fünf Schritten wandelt sie sich zu einer Kontur.
Reduzierung und Abstraktion ist es, das die Künstlerin Ingrid Filipczyk interessiert. Schon damals. Denn Bleistiftzeichnungen zum Rosenzyklus sind 50 Jahre alt. Sie fertigte sie während ihres Studiums an. Schon 2002 ergänzte sie die Zeichnungen durch eine Fotografie und um eine gedruckte Rosen-Glückwunschkarte. Nun zeigt sie diesen Zyklus sowie weitere Werkreihen in der Ausstellung „Wandlungen“ in der Ateliergalerie dreivier in Kempen. Ein Resümee ziehe sie, sagt Ingrid Filipczyk, eine Bestandsaufnahme von 50 Jahren Kunst – in einem winzigen Ausschnitt selbstverständlich.
Auf der Basis der „alten“ Arbeiten arbeitet die Künstlerin weiter: Verwurzelt in dem Wunsch nach Weiterentwicklung und Neuinterpretation der Arbeiten wechselt sie von der Handzeichnung zur digitalen Bearbeitung, scannt die Zeichnungen und transformiert sie in einen digitalen Modus. Nun beginnt sie, die Rosenblüte mithilfe computergestützter fototechnischer Filter zu bearbeiten, neu zu skalieren und umzugestalten.
In der Reihe „Fade out“ verschwindet die Rose zunehmen im Diffusen, verliert die klaren Konturen, wird immer unschärfer. In einer weiteren Werkreihe erfährt die perfekte Rose eine Auflösung durch immer stärkere Verpixelung, bis die Rose als Motiv nur noch im Kontext der Reihe zu erkennen ist. Ähnlich verfährt Filipczyk mit dem Fotogramm einer Pflanze.
Aber die Künstlerin bleibt nicht in der digitalen Kunst. Diese setzt sie „nur“ ein, um die Zeichnungen künstlerisch zu bearbeiten und neu zu interpretieren. Letztlich bleibt sie beim Analogen, wenn sie von der ursprünglichen analogen Zeichnung über die digitale Bearbeitung zurückkehrt zum analogen Blatt: Schließlich hängen die Blätter ganz materiell an den Wänden.
Immer wieder schaut Ingrid Filipczyk zurück, nicht nostalgisch oder retrospektiv, sondern um sich selbst in ihrer künstlerischen Entwicklung zu verorten. Ein Satz von T.S. Eliot hängt in der Ausstellung und beschreibt das: „Wir lassen nie vom Suchen ab, und doch, am Ende allen unseren Suchens sind wir am Ausgangspunkt zurück und werden diesen Ort zum ersten Mal erfassen.“
Die Ausstellung „Wandlungen“ mit Arbeiten von Ingrid Filipczyk wird am Freitag, 7. März, 19 Uhr, in der Ateliergalerie dreivier an der Moosgasse 9 in Kempen eröffnet. Sie ist bis zum 3. Mai donnerstags und freitags von 15 bis 18 Uhr und samstags von 11 bis 14 Uhr zu sehen.