Mensch & Stadt Geburtsvorbereitung in der Corona-Krise
Kempen/Vorst. · Elternschule nutzt Video-Kurs, Kliniken erlauben Vätern weiter den Zutritt.
Für Barbara Roosen ist es das erste Kind. Noch vor wenigen Wochen hätte die 29-Jährige sich nicht vorstellen können, dass sie soziale Kontakte auf ein Minimum reduzieren müsste und Termine bei der Hebamme abgesagt werden. „Das ist schon beängstigend, ich fühle mich nicht als Risikopatientin“, erzählt die Vorsterin. Wie gerne würde sie ihre Vorfreude auf ihre Tochter in den letzten Wochen vor der Entbindung teilen – mit Eltern, Schwiegereltern, Freundinnen. Schon vor Karneval haben sie und ihr Mann Nico Roosen die Kontakte drastisch eingeschränkt. Roosens größte Sorge: Dass ihr Mann bei der Entbindung nicht in den Kreißsaal darf.
Julia Gericke, Inhaberin der Elternschule Kempen, kann diese Ängste nachvollziehen. Sie selbst musste die Elternschule im Arnoldhaus vorerst schließen. Kurse wie Yoga für Schwangere, Geburtsvorbereitung oder Rückbildung wurden abgebrochen. „Eine Schwangerschaft stoppt ja nicht einfach, man holt die Frauen an einer anderen Stelle wieder ab, wenn der Betrieb wieder anläuft“, sagt Gericke.
Die Geburtsvorbereitung
soll zuhause weitergehen
Ihre Idee: Sie produziert gerade Videos für ihre Kundinnen, dass sie zu Hause erst mal allein weitermachen können. „Ich bin der Typ für persönlichen Kontakt, ich hoffe sehr, dass es am 20. April wieder mit den Kursen losgehen kann“, sagt die studierte Diplom-Kauffrau. Gericke plagen wie viele Selbstständige gerade existentielle Ängste. Sie will die „NRW Soforthilfe“ zur finanziellen Unterstützung beantragen. Roosen könnte dann ihren Rückbildungskurs in der Elternschule wie geplant starten.
Für die Oberärztin der Gynäkologie und Geburtshilfe, Sabine Leenen, und ihr Team im Kempener Krankenhaus sind es gerade auch keine einfachen Zeiten. Sie versucht, ihren Patientinnen die Sorgen zu nehmen: „Insgesamt gehen unsere Schwangeren relativ gelassen mit der Situation um. Das können sie auch, denn tatsächlich besteht für eine Entbindung derzeit nicht mehr Grund zur Sorge als früher“, sagt die Fachärztin. Eine „Corona-Task-Force“ sei im Krankenhaus eingerichtet worden, auch die Neugeborenen können weiterhin, solange es ihnen gut geht, bei der Mutter im Zimmer bleiben. Aufgrund der Ansteckungsgefahren für alle Patienten im Kempener Krankenhaus gibt es jetzt Besuchsverbot. „Väter sind herzlich willkommen, der Nachwuchs muss der Familie aber erstmal per Video vorgestellt werden“, sagt die Oberärztin. Auch empfiehlt Leenen, die strenge Besuchsregelung zu Hause fortzuführen.
Roosen entbindet in zwei Wochen, so der ausgezählte Termin. Im Moment geht sie mit ihrem Mann viel spazieren und versucht, sich mit Nähen, Stricken, Backen und Kochen abzulenken.
Das Kempener Krankenhaus sieht derzeit kein Problem darin, dass ihr Mann nicht mit in den Kreißsaal gehen dürfte: „Allerdings nur, wenn klar ist, dass die werdende Mutter den Kreißsaal nicht mehr verlässt. Bei der Geburt können die Väter dabei sein“, sagt Leonie Ottmer, die Sprecherin der Artemed-Gruppe, zu der das Hospital zum Heiligen Geist Kempen gehört. Das wäre auch ein Herzenswunsch von Barbara Roosen. Sie hofft, dass sie das unbeschreibliche Gefühl der Geburt direkt mit ihrem Mann Nico teilen kann.