Event spaltet die Gemüter
Ein süßer Anlass mitten in der Fastenzeit: Geistliche und Leser üben Kritik an Termin und Stoßrichtung.
Kempen. „Schoko, Kunst und vieles mehr“ erfüllt am Samstag und am Sonntag die Altstadt. Der Werbering, die Stadt Kempen und die Firma Schatton Events aus Baden- Württemberg laden zum ersten internationalen Schokoladen-Festival ein. Es ist dabei die Ergänzung der alle zwei Jahre stattfindenden Kempener Kunsttage.
Dabei scheint fast vergessen, dass wir uns momentan in einer Zeit des Verzichts befinden: Der Halbfastenmarkt am Dienstag dieser Woche ist dafür ein Beweis. Nicht nur Strenggläubige entsagen derzeit 40 Tage lang Fernsehen, Alkohol oder eben auch Süßem. Wie also passt ein Schokoladenfestival in die Zeit zwischen Karneval und Ostern?
„In der Fastenzeit sollte man anderen nichts auf die Nase drücken oder ihnen vorschreiben, zu verzichten. Wer das Festival besuchen will, soll es eben tun“, sagt der evangelische Pfarrer Michael Gallach. Er selber bezeichnet sich als Naschkatze: „Schokolade ist für mich Nervennahrung und ein großer Genuss.“ Trotzdem sieht Gallach das süße Thema „zartbitter“ bis kritisch: „Es ist deshalb heikel, da nicht fair gehandelte Schokolade teils durch Kinderarbeit entsteht.“
Der Eine-Welt-Laden der evangelischen Kirchengemeinde verkauft fair gehandelte Produkte: An jedem letzten Sonntag im Monat im Pfarrheim an der Kerkener Straße 13 nach dem Gottesdienst von 11 bis 12 Uhr. Dort kosten 100 Gramm Schokolade 1,30 bis 1,80 Euro. Der Eine-Welt-Stand befindet sich während des Festivals auf dem Buttermarkt.
Pfarrer Michael Gallach hält wenig von „zur Schau gestelltem Überfluss“, dies habe nichts mit Genuss zu tun. „Fasten und Vergeudung passt nicht zusammen. Viele Menschen kennen fast nur noch die Geschmacksrichtung ’viel’ und definieren Genuss über Quantität. Wer das macht, wird niemals satt“, mahnt der Geistliche.
Sein katholischer Amtskollege, der ehemalige Kempener Propst Josef Reuter, wird deutlicher: „Ich finde es nicht gut, dass das Festival in der Fastenzeit stattfindet. Aber gerade wenn Kinder dahin wollen, sollen sie das ausnahmsweise dürfen. Sie sollen es sich schmecken lassen.“ Fasten setzt Reuter nicht mit Verzichten gleich, vielmehr sei das eine Charakter- und Willensstärkung. „Geld, was ich sonst für Süßes ausgegeben hätte, kann ich auch spenden“, regt er an.
„Schokolade ist ein Lebensmittel und keine Kunst“, empört sich WZ-Leserin Ursula Bock. Die Kempenerin war sprachlos, als sie von der Aktion erfuhr, die auf dem Buttermarkt stattfinden wird. Dort bemalt die Schoko-Künstlerin Dorte Schetter ein Auto mit einer Mischung aus Schokolade, Kakao und Öl.
Der weiße Skoda Fabia kommt von Michael Scharfenberg vom gleichnamigen Autohaus. „Wir wollen das Fest mit der Aktion beleben“, sagt er. Für Werbezwecke stellt Scharfenberg den Pkw danach bei sich aus. Dann geht’s in die Waschstraße — auch für die Schokolade.