Flüchtling, Autor, YouTube-Star
Firas Alshater war zu Gast in der Stadtbibliothek, wo er von seinem Leben in Syrien und als Flüchtling und deutsche Eigenarten berichtete.
Kempen. Ein Abend mit Firas Alshater ist ein Abend der Gefühlsextreme. In einem Moment schmunzelt man noch über den Witz des 26-jährigen Syrers, erfreut sich an der lockeren Art des bärtigen Neu-Berliners, im nächsten rühren einen Bilder von Kindern, die im Krieg in Syrien ums Leben gekommen sind und ihre verzweifelt trauernden Angehörigen fast zu Tränen, dann lassen einen Erzählungen von Unterdrückung und Folter erschaudern.
„Firas Alshater kommt auf Kempen zu“ hieß es am Dienstagabend in der Kempener Stadtbibliothek. Dabei las er aus seiner Autobiografie „Ich komm auf Deutschland zu“, die im Oktober im Ullstein Verlag erschienen ist, und erzählte Geschichten aus seinem Leben.
Firas Alshater wurde in in Damaskus geboren und studierte Schauspiel. In der Revolution gegen Baschar al-Assad begann er als Journalist und Kameramann für ausländische Nachrichtenagenturen zu arbeiten. Er stellte sich gegen das Regime, wurde mehrfach verhaftet und brutal gefoltert. 2013 kam er zunächst durch die Arbeit an dem Dokumentarfilm „Syria Inside“ nach Berlin und blieb als Flüchtling.
Mittlerweile ist er Buchautor, Comedian und erfolgreicher YouTuber. Sein Video „Wer sind diese Deutschen?“ wurde auf der Video-Plattform millionenfach geklickt und machte ihn berühmt.
Mit etwas Verspätung wegen technischer Probleme ging die Lesung mit einem sehr persönlichen Video los, das Alshater während seiner Zeit in einer Flüchtlingsunterkunft erstellt hat. Es ist ein Film mit bedrückenden Bildern und Vergleichen zwischen Damaskus und Berlin. So war es für ihn neu, dass in Deutschland Helikopter unterwegs sind, um Verletzte in Krankenhäuser zu bringen, während sie in Syrien unterwegs sind, um Zivilisten zu töten.
„Der Krieg ist immer noch in mir“, beschreibt der Filmemacher. Aber es gibt auch Zuversicht. Die Geschichte Deutschlands stimmt ihn optimistisch mit Blick auf ein freies Syrien und eine bessere Zukunft für sein Land.
In Deutschland angekommen musste er einiges lernen. Man ist hin und her gerissen zwischen Schmunzeln und Schaudern, wenn Alshater sich an seine erste Begegnung mit deutschen Polizisten erinnert und im Vergleich mit syrischen Polizisten feststellt: „Im Foltergefängnis haben sie sich nicht bemüht, so grimmig zu gucken.“ Das sei aber auch nicht nötig gewesen, wenn man die Schreie aus dem nachbarzimmer höre.
In Deutschland habe er auch zum ersten Mal Post bekommen. Denn in Syrien gebe es dieses System nicht. Aber Firas Alshater versichert: „Das Leben funktioniert auch ohne Briefkasten.“ Schmunzelnd berichtet er von der deutschen Bürokratie, die ihm zunächst zwar das Arbeiten und Deutschkurse verbietet, aber schon einmal ein Schreiben mit der Steuernummer schickt — auf Deutsch natürlich.
Ebenfalls eine Neuheit für ihn ist der „Wahlkampf“. Demokratie in Syrien bedeute, dass die Kreuzchen schon aufgedruckt sind. Auch die Möglichkeit seine Meinung frei zu äußern, ohne Angst haben zu müssen, ist etwas, was er an Deutschland sehr schätzt.
Alshater stellte er sich auch den Fragen des Publikums und signierte Bücher. Er will nun sein Studium an der Filmhochschule Babelsberg abschließen und wird demnächst auch mit einer Sendung im Fernsehen zu sehen sein.