Ausstellung im Niederrheinischen Freilichtmuseum Hinter jedem Stuhl steckt eine Geschichte

Grefrath · Für die Präsentation „I am not my body“ im Niederrheinischen Freilichtmuseum wurden Menschen vom Niederrhein aufgefordert, Sitzgelegenheiten von Verstorbenen auszuleihen. In der Dorenburg erfahren Besucher mehr über die Menschen, die auf diesen Stühlen saßen.

 In der Dorenburg können Besucher auf Stühlen Verstorbener Platz nehmen.

In der Dorenburg können Besucher auf Stühlen Verstorbener Platz nehmen.

Foto: Norbert Prümen

(b-r) Welcher Stuhl ist der Lieblingsstuhl? Viele haben zu Hause einen solchen, und manchmal ist er für alle anderen sogar tabu. Denn: Der Stuhl ist gut eingesessen und birgt das Wesen dessen, der dort Platz nimmt. Besondere Stühle stehen in der alten Küche in der Dorenburg. Die ist in dämmeriges Kerzenlicht gehüllt. Im Kamin flackert ein (projiziertes) Feuer. Musik erklingt im Hintergrund. Ganz verschiedene Stühle stehen verteilt im Raum: ein lederner Bürostuhl, ein Gartenstuhl, ein Küchenstuhl. Sie gehörten verstorbenen Menschen. Die Gäste des Freilichtmuseums sind eingeladen, auf den Stühlen Platz zu nehmen, mithilfe eines QR-Codes einen kurzen Text aus dem Leben des Toten zu hören und auf diese Weise mit ihm in Kontakt zu treten.

„Diese Ausstellung passt so gut nicht nur zu unserer Sonderausstellung, sondern auch zu unserem Museum: Denn wir möchten mit unseren Objekten auch Geschichten erzählen“, kommentiert Museumsleiterin Anke Petrat die Präsentation „I am not my body“, zu Deutsch „Ich bin nicht mein Körper“. „Das ist der Gartenstuhl von Christine Joliet“, heißt es in einem Beitrag, „meine Frau war eine leidenschaftliche Köchin, in den Sommermonaten benutzte sie mit Vorliebe die Außenküche. Auf dem Stuhl verrichtete sie all die Vorbereitungen zum Kochen. Auch wanderte der Stuhl einfach mal mit ihr an den nahe gelegenen See, einen ihrer Kraftplätze. Der Stuhl […] ist mit ihr in die Jahre gekommen.“ Zuhörend entsteht vor den Augen der Besucherinnen und Besucher ein ausschnitthaftes Bild ihres Lebens. Verstärkt wird diese Verbindung durch das Sitzen auf dem Stuhl, der zu Christine gehörte, als sei er Teil ihres Körpers gewesen.

Die Ausstellung ist ein Projekt der spanisch-niederländischen Künstlerin Vanesa Abajo Pérez, die sich in ihren Kunstprojekten mit den Erfahrungen von Menschen mit Tod und Sterben befasst. Menschen vom Niederrhein wurden aufgefordert, Sitzgelegenheiten von Verstorbenen für die Ausstellung auszuleihen.

Ein Holzstuhl erzählt die Geschichte von Elisabeth Mohr: „Das ist der Stuhl von Elisabeth Mohr. Sie war meine Mutter, Jahrgang 1924. […] In ihrer Freizeit saß meine Mutter häufig auf diesem Stuhl vor einem Schreibtisch […] Im Jahr 2017 starb meine Mutter, hatte aber zuvor mehrfach darauf hingewiesen, dass dieser Holzstuhl sehr nützlich und stabil sei und wir ihn sicher weiter nutzen würden.“ Nicht nur der Holzstuhl blieb nach ihrem Tod erhalten, auch die Erinnerungen an Elisabeth Mohr.

Die Sonderausstellung im Rahmen der Präsentation „Leben mit dem Tod. Über Abschied, Tod und Trauer“ ist bis zum 25. August im Niederrheinischen Freilichtmuseum in Grefrath zu sehen. Das Museum ist dienstags bis sonntags jeweils von 10 bis 18 Uhr geöffnet.

(b-r)