Aktion Spontane Nachbarschafts-Party lässt die Krise einmal vergessen

Kempen. · Der Kempener Timo Krafczyk beschallte seine Straße mit Musik, spielte Wunschlieder der Nachbarn und bescherte Gänsehautmomente.

Timo Krafczyks kleine Party mit Lichtshow kam bei seinen Nachbarn super an.

Foto: Jannetta Janßen

Lasershow, Nebelkanonen und laute Musik – eine Party während der Coronavirus-Pandemie? „Die Italiener haben es vorgemacht: Musik gegen Corona“, sagt Timo Kraf­czyk. Und der 36-Jährige machte es kurzerhand nach: Er lieh eine Musikanlage aus, stellte Boxen auf, montierte Discolichter und drehte sie auf – und das alles im eigenen Garten. Der Mindestabstand zu den Nachbarn blieb so jederzeit gewahrt.

Und die Nachbarn von Krafczyk, die an der Party teilhaben durften, versprühten beste Stimmung in den Gärten – mit kühlen Getränken, und das Wetter spielte auch mit. Für einige Stunden konnten die Menschen an der Selma-Bruch-Straße im Kempener Süden 90er-Jahre-Hits und Musik aus den aktuellen Charts lauschen und nach Belieben mitsingen. Das war für viele eine willkommene Abwechslung in diesen Tagen.

Annekatrin Ellrich wohnt einige Häuser weiter und fand die ganze Aktion „einfach mega“, wie sie berichtet. Genauso beeindruckend fanden es auch zwei junge Männer, die im Feld hinter dem Wall spazieren waren, als sie die Musik hörten. „Wir sind dann kurzerhand hergekommen. Super Idee, einfach mal Corona vergessen“, sagen sie. Wichtig war dem „Veranstalter“ Timo Krafzyk, dass alle aus den angrenzenden Gärten mit seiner Aktion einverstanden waren – und natürlich auch selbst Musikwünsche lieferten.

Die Nachbarn sangen „Happy Birthday“ für Gebrtstagskinder

Der Hobby-DJ fackelte nicht lange, als er im Internet Videos sah, in denen Italiener ihre Nachbarn mit Balkonkonzerten unterhalten – und wie Musik die Menschen in dieser schwierigen Zeit berührt. Darin stellten sich Italiener mit Instrumenten oder singend auf ihre Balkone oder an die Fenster, um Lieder gegen Angst, Einsamkeit und Langeweile in der Isolation anzustimmen. Beim „Flashmob sonoro“ (klingender Flashmob) war das ganze Land dabei: Harfenspieler, Flötisten, Pianisten, Kinder an Trommeln, Gitarrenspieler und tanzende Menschen auf Balkonen waren in Videos zu sehen. Italien ist nach China das Land mit den meisten Covid-19-Opfern. Es gelten strikte Auflagen, nicht das Haus zu verlassen, außer in notwendigen Fällen wie zum Beispiel zum Einkaufen.

In Kempen gratulierte Krafyzyk den Geburtstagskindern per Mikrofon, schon stimmten die Nachbarn ein „Happy Birthday“ an. Die Kinder hüpften auf den Trampolinen in den heimischen Gärten, einige ließen ihre Familien an dem Spektakel per Live-Konferenz über das Internet teilhaben. Ums richtige Outfit musste man sich keine Gedanken machen: Ob Jogginghose, Abendkleid, gestylt oder nicht – im eigenen Garten spielte das keine Rolle. Kontakt hielten die Nachbarn per Whatsapp. Die „Corona-Party-Hit-Liste“ war lang, doch die Zeit begrenzt. „Um halb zehn ist Schluss, viele haben kleine Kinder“, sagt Timo Krafczyk, und setzte die Kopfhörer wieder auf. Bei der Instrumental-Version von Andreas Bouranis Lied „Auf uns“ gab es einen Gänsehautmoment: Die Menschen singen mit, einige tanzen.

Laut Krafczyk war es eine einmalige Aktion, „aber wer weiß das schon“, sagte der zweifache Familienvater und lacht. Er freut sich, dass er die Leute begeistern konnte und sie für einige Stunden das Thema Corona hoffentlich vergessen konnten. janj