Holiday on Ice: Läufer heben die Schwerkraft auf

In Grefrath wurde die Weltpremiere der neuen Show „Passion“ gefeiert.

Foto: Kurt Lübke

Grefrath. Ein Pulsschlag gibt den Takt an. Er wummert durch die Halle, als übertrage er das Adrenalin der Eisläufer hinter den Kulissen auf die Ränge. Lichtspots tanzen übers Eis. Die Musik setzt ein und Tänzer gleiten mit Tempo und strahlendem Lächeln über die spiegelglatte Lauffläche. „Holiday on Ice“ ist da. Mit der Weltpremiere unterm Hallendach glitzert auch Grefrath. „Passion“ füllt die Ränge im Eisstadion.

Die Eiskunstläufer reichen ihren Fans in den ersten Reihen die Hand. Ihnen und allen in der Halle wollen die Ausnahmesportler ihre Geschichte erzählen — von ersten Schritten auf kleinen Kufen, von Talent und Training, Hingabe und Hindernissen, von ersten Erfolgen und dem Traum, auf dem Eis von begeistertem Applaus warm eingehüllt zu werden. Los geht’s, und das gleich mit hohem Tempo.

Es ist unmöglich, alles und alle gleichzeitig zu sehen. Eleganz, Anmut, Temperament, Tränen, Stolz und immer wieder pure Lebensfreude — jede Gefühlslage der Sportler ist von einer Choreographie, die die Schwerkraft aufhebt. Die Läufer schweben übers Eis, wirbelnd und fliegend zugleich. Sie bewegen sich in einer geradezu traumwandlerischen Sicherheit auf dem glatten Grund — im Scheinwerferlicht wie im Fast-Dunklen. Die Herren stehen den Damen an Eleganz in nichts nach, ihre Sprungkraft ist imponierend.

Wie viel Können, Fleiß und Schweiß in den Schrittfolgen, Figuren, Pirouetten und Sprüngen tatsächlich stecken, könnte man glatt vergessen, wenn man nicht selbst schon mal mit Kufen auf Grefrather Eis gerutscht und gestrauchelt wäre. Es sind die Soli, die berühren, und es sind famose Formationen aller 28 Läufer, die mitreißen. Immer wieder applaudieren die Zuschauer in die Musik hinein.

Mit Inspiration, Ambition, Energie, Glamour und Passion, die Leidenschaft fürs Eislaufen, sind Kapitel dieser Eisrevue überschrieben. „Holiday on Ice“ ist der Star und wird vermarktet. Annette Dytrt, fünfmalige Deutsche Eiskunstlaufmeisterin, ist das Aushängeschild 2014.

Die Show setzt auf die Veranstaltungstechnik und den Rhythmus der Musik von heute, unterliegt aber auch den Zwängen der Zeit. Die perfekt abgestimmte Lichtshow ist beeindruckend. Dazu die Filme und Mitschnitte der Revue, die die Tänzer auf dem Eis mit sich selbst auf der riesigen Leinwand laufen lassen. Da hat man viel zu gucken.

Die Lichteffekte ersetzen aber Kulissen. Der originelle Einfall, die Sänger Giovanni Zarrella, Tom Marks und Inan Lima von „Vintage Vegas“ auf überdimensionalen Schminktischen aufs Eis bringen zu lassen und ihnen mit den zusammengeschobenen Tischen eine sichere Singstar-Bühne zu ebnen, ist eine, die sich nicht mehr wiederholt.

Die Kostüme wechseln fast so oft wie die Farbe der Lichter. Aber wer Pompöses, Üppiges, Verschwenderisches erwartet hatte - Kopfschmuck, Flügel, Federboas - muss lange warten.

Die Erzählung auf dem Eis ist keine aus einem Guss, eher ein Kessel Buntes. Dabei hat sie Potenzial. Die Eiskünstler bekommen Namen, Gesichter, Steckbrief-Biographien. Das Ensemble ist der Star. Meister aus Estland, Frankreich, Russland, Kanada, den USA, Deutschland kurven, kreuzen und drehen sich gemeinsam zum Erfolg. 100 Minuten powern sie — auch zu Live-Pop und Swing des Vintage-Vegas-Trios. Bei „Story of my live“ muss niemand mehr zum Klatschen animiert werden. Das Grefrather Publikum erhebt sich zum Schluss von den Sitzen. Es spendet stehend Applaus für eine flotte, unterhaltsame Show, die eines nicht zuließ: Ruhepuls.