Jugendstudie im Kreis Viersen Jugendliche denken an Selbstmord
Kreis Viersen · Wie zufrieden sind Jugendliche im Kreis Viersen? Was bereitet ihnen Sorgen? Damit hat sich die euregionale Jugendstudie „YES“ befasst. Manche der Ergebnisse bereiten Grund zur Sorge – andere sind überraschend erfreulich.
Dass die Pandemie Auswirkungen auf die psychische Gesundheit junger Menschen hatte, ist schon lange kein Geheimnis mehr. Allerdings fehlte es bislang an regionalen Daten zur gesundheitlichen Lage von Jugendlichen. Bei der Jugendgesundheitsstudie des Projekts „Youth Euregional Scan“ (YES) wurden auf kommunaler Ebene Schülerinnen und Schüler der 8. und 10. Klassen zu ihrem Gesundheits- und Risikoverhalten befragt. Dabei ging es um Themen wie die Familiensituation, Ernährung und Bewegung, Stress und Mobbing, Medienkonsum und Sexualität. Im Zeitraum von September bis Oktober 2023 haben Schulen aus Deutschland, den Niederlanden und Belgien teilgenommen – insgesamt waren es 28 000 Kinder und Jugendliche.
Ziel der Befragung ist es, Präventionsprogramme für Jugendliche besser planen und durchführen zu können. Aus dem Kreis Viersen haben sich 1772 Schülerinnen und Schüler freiwillig an der Umfrage beteiligt. Die auf einer geschützten Plattform bereitgestellten Online-Fragebögen konnten anonym während einer Schulstunde ausgefüllt werden.
„Erfreulich ist das Ergebnis, dass fast die Hälfte der teilnehmenden Schülerinnen und Schüler die Schule sehr mag und sogar 68 Prozent angeben, dass sie sich normalerweise glücklich fühlen“, so Landrat Andreas Coenen. Besorgniserregend sei hingegen, dass rund 38 Prozent der Schülerinnen und Schüler psychische Beschwerden, wie etwa Traurigkeit oder Nervosität, aufweisen. „Noch besorgniserregender ist aber das Ergebnis, dass 31 Prozent der jungen Menschen im Jahr 2023 mindestens einmal ernsthaft über Selbstmord nachgedacht haben“, betont Coenen. „Hier haben wir dringenden Handlungsbedarf.“
Ein Großteil der Jugendlichen, nämlich drei Viertel, wächst bei beiden Elternteilen auf, bei zwölf Prozent ist ein Elternteil alleinerziehend. 22 Prozent haben eigenen Angaben nach ein Familienmitglied zu Hause, das an einer langzeitlichen mentalen oder physischen Einschränkung leidet. Bei dem Großteil bestehen, laut Auskunft der Kinder und Jugendlichen, keine finanziellen Sorgen in der Familie. Jede zehnte Familie hat hingegen einige bis starke finanzielle Schwierigkeiten.
Die Schülerinnen und Schüler machten auch Angaben zu ihrem Gewicht und ihren Ernährungsgewohnheiten. Die Auswertung des Body Mass Index (BMI) hat ergeben, dass 72 Prozent der Befragten ein Normalgewicht aufweisen. Jungen sind eher von Übergewicht betroffen (18 Prozent) als Mädchen (12 Prozent). Allerdings hielten sich 39 Prozent der weiblichen Antwortenden, trotz eines gesunden BMI, für zu dick. Bei den männlichen Befragten waren es zwölf Prozent. Auf der anderen Seite fühlten sich 23 Prozent der Jungen und sechs Prozent der Mädchen, trotz eines gesunden BMI, für zu dünn.
Bezüglich möglicher politischer oder wirtschaftlicher Themen zeigt sich knapp die Hälfte der Befragten unbesorgt. Die größten Sorgen bestehen angesichts steigender Kosten und der finanziellen Situation der Familie (28 Prozent), wobei diese überwiegend bei den Mädchen und älteren Befragten bestehen.
Fast die Hälfte der teilnehmenden Schülerinnen und Schüler mag die Schule (sehr). Dies nimmt von der 8. zur 10. Klasse leicht ab. Trotzdem sind die Schule und Hausaufgaben bei den Kindern und Jugendlichen der Hauptauslöser für häufigen Stress. Regelmäßigen bis häufigen generellen Leistungsdruck erfahren Mädchen ebenfalls deutlich mehr als Jungen. Dieser ist laut eigener Einschätzung hauptsächlich von sich selbst ausgehend.
Darüber hinaus wurden psychische Beschwerden anhand verschiedener emotionaler Zustände, wie Nervosität, Traurigkeit oder Glücksgefühlen, untersucht. Demnach weisen 38 Prozent der Schülerinnen und Schüler psychische Beschwerden auf. Eine weitere Frage beschäftigte sich mit der Häufigkeit von Selbstmordgedanken in den letzten zwölf Monaten. Laut eigener Angabe haben 31 Prozent im vergangenen Jahr mindestens einmal ernsthaft über Selbstmord nachgedacht. Bei zehn Prozent traten diese Gedanken häufig bis sehr häufig auf – bei Mädchen doppelt so oft wie bei Jungen.
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