Urteil Keine sexuelle Nötigung in Kempen: Sozialpädagogin freigesprochen
Kempen/Krefeld · Vorwürfe eines jungen Flüchtlings aus einer Wohngruppe des Kempener Annenhofs gegen eine 27-Jährige waren vor Gericht nicht haltbar.
Hinter Hut und Sonnenbrille verborgen kam am Freitag eine 27-jährige Frau aus Kevelaer zum Auftakt eines Prozesses gegen sie. Seit Dienstag ist klar: Hier hatte sich eine Unschuldige vor den zahlreichen Kameraobjektiven verborgen, die auf sie gerichtet waren. Das Schöffengericht in Krefeld hat die Sozialpädagogin vom Vorwurf des sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen und der sexuellen Nötigung freigesprochen. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Beziehung zwischen der Angeklagten und dem vermeintlichen Geschädigten auf rein freiwilligen Motiven beruhte.
Laut Staatsanwaltschaft sollte die Frau, die ab Oktober 2016 Leiterin einer Wohngruppe für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge im Kempener Annenhof war, bereits Mitte November 2016 dem vermeintlichen Opfer – damals 16 Jahre alt – immer wieder Komplimente gemacht und geäußert haben, dass sie eine Beziehung (auch sexueller Art) führen wolle. Anfangs habe dies der junge Mann zurückgewiesen, allerdings soll die Angeklagte ihn verbal unter Druck gesetzt haben und ihm mit ihren guten Kontakten zu Polizei und Ausländerbehörde gedroht haben. Unter diesem Druck soll das vermeintliche Opfer ab Januar 2017 auf die Avancen eingegangen sein und es soll zu sexuellen Kontakten im Bereitschaftszimmer gekommen sein.
Eine Beziehung hatte die Frau auch eingeräumt – aber auf freiwilliger Basis. Sie sei sogar in den jungen Mann verliebt gewesen. Bis Mitte März 2019 soll die Partnerschaft gedauert haben. Der Mann sei später sogar bei der Angeklagten eingezogen. Er habe immer wieder den Wunsch nach einer Hochzeit und gemeinsamen Kindern geäußert. Nach dem Beziehungs-Aus hatte er die Frau angezeigt. Zum Prozess ist er allerdings nicht erschienen. Er ist für die Behörden derzeit unauffindbar – vermutlich soll er sich in Frankreich aufhalten.
Aber selbst wenn der Mann ausgesagt hätte, so wäre seine Aussage wohl nicht mehr gegen die Angeklagte zu verwenden gewesen. In vom Verteidiger vorgelegten Handynachrichten hatte er sich mehrfach bei der Frau entschuldigt und gesagt, dass er das richtig stellen werde. Auch ein anderer Flüchtling aus der Kempener Einrichtung hatte ausgesagt, dass die Frau „weder uns noch ihn je unter Druck gesetzt“ hatte. Der vermeintliche Geschädigte habe ihm aber sehr wohl mal damit gedroht, dass er nach Afrika abgeschoben werde, wenn er etwas über die Beziehung ausplaudern würde.