Kinder-Betreuung Kempen: „Wir müssen endlich Kitas bauen“
Kempen · Um fehlende Gebäude und damit einen Platzmangel ging es im Kempener Jugendhilfeausschuss. Langfristig muss die Stadt 15 Millionen Euro in drei neue Kindertagesstätten investieren.
In seiner letzten Ausschusssitzung in Kempen bekam der scheidende Jugenddezernent Michael Klee noch einmal einiges geboten. In der Debatte um die fehlenden Kita-Plätze und die immer noch nicht angefangenen Neubauten für Kindertagesstätten kam es sogar zum Wortgefecht zwischen Klee und dem Linken-Fraktionschef Günter Solecki. In dessen harscher Kritik an der Verwaltung wollte Klee die Mitarbeiter des Jugendamtes ausgeklammert wissen. Denn die Bedarfe würden seit Jahren angemeldet und die Signale, dass mehr Plätze benötigt werden, gebe es schon lange, so Klee.
„Ich lasse nicht zu, dass hier auf Kosten meiner Ämter und der Mitarbeiter billiger Populismus betrieben wird“, sagte der Beigeordnete im Jugendhilfeausschuss. Zuvor hatte er bereits erwähnt, dass Kempen trotz der aktuellen Probleme im Landesvergleich immer noch die beste Versorgungsquote im Kita-Bereich habe. „Nennen Sie mir eine Stadt mit einer besseren Quote! Sie werden keine finden“, so Klee.
Bereits jetzt sind 50 Prozent
der Kitas überbelegt
Zum Wesentlichen – also zu den aktuellen Problemen in der Versorgung mit Betreuungsplätzen. Hier machte Nicole Drese-Hampe, im Jugendamt zuständig für die Kita-Planung, deutlich, dass die Sorgen an vielen Stellen groß sind. Im schlimmsten Fall könnten ab Sommer 80 Plätze fehlen – 50 für Kinder über drei Jahren (Ü3) und 30 für Kinder unter drei Jahren (U3).
Schon jetzt habe die Stadt 50 Prozent der Kitas überbelegt – das entspreche etwa 25 Kindern. „Wenn wir nicht schnellstmöglich zu Lösungen kommen und neue Kitas bauen, werden wir den pädagogischen Anspruch aus den Augen verlieren“, fand Drese-Hampe deutliche Worte. Um den Rechtsanspruch für Eltern von Ü3-Kindern weitestgehend erfüllen zu können, müssten in den Einrichtungen nun U3-Plätze reduziert werden. Das wiederum könnte dazu führen, dass der Stadt entsprechende Landeszuschüsse im U3-Bereich verlorengehen. Die Alternativen für Eltern von ein- bis dreijährigen Kindern sind dann noch Tagespflegepersonen. Es ist aber kein Geheimnis, dass es auch in diesem Bereich eng ist. Zudem sei dieser Sektor für die Verwaltung „nur begrenzt steuerbar“, weil Tagesmütter und -väter selbstständig unterwegs seien, so Drese-Hampe.
Eindringlich wies sie zudem darauf hin, dass die Notgruppe im Campus (als Dependance der Kita Hoppetosse) „auf der Kippe steht“. „Wir bekommen diese Gruppe nur noch einmal genehmigt, wenn wir tatsächlich konkrete Beschlüsse und Pläne für eine neue Kita vorlegen können“, sagte Drese-Hampe. In der Notgruppe werden derzeit 22 Ü3-Kinder betreut.
Beim Blick in die Stadtteile sei es in allen Kitas eng, so Drese-Hampe. In Kempen bestehe das Problem, dass keine einzige Kita mehr erweitert werden könne. Gleiches gelte für Tönisberg, wo der Erweiterungsbau in der Kita St. Antonius zum 1. August in Betrieb gehen soll. Weitere Möglichkeiten bestünden nicht.
In St. Hubert ist die Lage deshalb angespannt, weil die Kita Bärenstark wegen eines Sanierungsstaus nicht mehr lange geöffnet bleiben kann. Zudem müsse langfristig auch Ersatz für die Kita Tabaluga neben dem Jugendamt, Antoniusstraße, gefunden werden. Druck bestehe auch wegen des Neubaugebietes „Auf dem Zanger“. „Von dort haben wir schon für mehrere Kinder Anfragen für die nächsten Jahre“, so Drese-Hampe.
Drei neue Kitas mit jeweils
sechs Gruppen sollen kommen
Michael Klee versicherte für die Verwaltungsspitze, dass die drei beschlossenen Neubauten nun auch schnellstmöglich angegangen werden. Die Beschlüsse dazu existierten schon seit 2018 (die WZ berichtete). Im ersten Schritt soll auf dem Parkplatz neben der Kita Bärenstark in St. Hubert eine neue Kita mit sechs Gruppen gebaut werden. In diese soll die Kita Bärenstark mit drei Gruppen einziehen. Dann würde ein Neubau am Schmeddersweg in Kempen folgen – ebenfalls mit sechs Gruppen. Schritt drei im großen Kita-Plan ist dann der Bärenstark-Abriss und ein neues Gebäude für sechs Gruppen an gleicher Stelle.
Kurzfristig werden diese rund 15 Millionen Euro teuren Investitionen aber keine Abhilfe schaffen. Im WZ-Interview sagte der Technische Dezernent Torsten Schröder vor einigen Tagen, dass der erste Neubau in St. Hubert zum Sommer 2021 in Betrieb gehen könnte. Versprechen wollte er das aber nicht.
Für 2020 könnte es um eine
Lücke von 82 Plätzen gehen
Daher wird es mit Blick auf das kommende Kita-Jahr zu mehreren Absagen an Eltern kommen. Abschließende Zahlen gibt es noch nicht, weil das Zu- und Absageverfahren noch nicht gestartet ist. Stand jetzt können 60 Eltern (30 U3- und 30 Ü3-Kinder) nicht mit einem Platz versorgt werden. In der Schwebe ist noch das Thema Notgruppe. Sollte diese nicht genehmigt werden, würden weitere 22 Ü3-Plätze fehlen.
Bei den Fraktionen sorgten die jüngsten Entwicklungen nicht für Überraschung. Schließlich sind die Bedarfe auf der einen und die Probleme in der Umsetzung auf der anderen Seite seit Jahren bekannt. „Unsere große Hoffnung ist, dass das Technische Dezernat unter Herrn Schröder nun Lösungen finden wird“, sagte Monika Schütz-Madré für die Grünen. Ein immer wiederkehrendes Argument, dass man für die Neubauten keine Firmen etc. finde, ließ Lutz Strothmann (SPD) nicht gelten. Er verwies auf die Kommunen in Nettetal und Brüggen, die bereits entsprechende Projekte umgesetzt haben. Warum das in Kempen nicht gelinge, erschließe sich ihm nicht. Strothmann: „Wir müssen jetzt bauen!“
Um kurzfristig noch ein bisschen Luft zu bekommen, fragte Georg Funken (CDU), ob die Notgruppe im Campus nicht erweitert werden könne. Nicole Drese-Hampe erteilte der Idee eine Absage. Dafür werde man keine Genehmigung vom Landschaftsverband bekommen.