Menschen in Kempen: Antonio Limoncini : „Hier ist alles anders“
Antonio Limoncini kam vor 46 Jahren von Italien nach Kempen. Die Integration war nicht immer einfach.
Kempen. "Gastarbeiter in Kempen" heißt eine Ausstellung, die im Kempener Rathaus über den Beitrag der ausländischen Mitbürger für die Thomasstadt informiert. Unter den zahlreichen Lebensläufen, die dort plakatiert sind, hängt auch der von Antonio Limoncini.
Limoncini wuchs mit vier Geschwistern in Campobasso auf - einer Stadt in den Abruzzen. Weil der junge Italiener aus weltanschaulichen Gründen keinen Wehrdienst leisten wollte, ging er 1961 nach Deutschland, kam zwei Jahre später nach Kempen. Bis zur Rente vor drei Jahren hat er als Dreher gearbeitet.
"Als ich in Deutschland ankam", berichtet Limoncini, "sah ich sofort: Hier ist alles anders als in Italien. Zwar sind die Betriebe und Haushalte besser organisiert als dort, aber die Menschen sind hier kälter. Mein Empfang in Deutschland war nicht gerade herzlich."
Aber es gab auch amüsante Erlebnisse. Etwa, als der junge Gastarbeiter zum ersten Mal ein deutsches Restaurant betrat. Er hatte riesigen Hunger und versuchte dem Kellner zu erklären, dass er genau das gleiche Gericht haben wollte wie der Mann am Tisch nebenan: Nudeln mit Kartoffeln. Als das Essen dann vor ihm stand, war es etwas völlig anderes . . . Kartoffelsalat mit Würstchen!
Trotz mancher unangenehmen Erfahrung ist der Wahl-Kempener integriert. Dafür sorgen schon seine deutsche Frau Dorothea und seine Kinder Michael (41), Andrea (38) und Sandra (37).
Limoncinis Schwiegersohn ist Jan Weiler - der ehemalige Chefredakteur des Magazins der Süddeutschen Zeitung und Verfasser der Bestseller "Maria, ihm schmeckt’s nicht!" und "Antonio im Wunderland." Für diese Bücher, die mittlerweile in ganz Deutschland bekannt sind und reißenden Absatz gefunden haben, hat Antonio zahlreiche Motive geliefert.
Realschule Die Ausstellung "Gastarbeiter in Kempen" wurde von 16 Realschülern der Klassen 10 unter Anleitung ihres Geschichtslehrers Hans Kaiser erarbeitet
Motiv Die Idee hatte Alice Poeira, vormals Vorsitzende des Kempener Ausländerbeirates, der sich vor zwei Jahren mangels Interesse auflöste
Recherche Zur Verwirklichung des Projekts holten Schüler und Lehrer zahlreiche Informationen ein; sie trafen sich mit Gremien wie dem "Multikulturellen Forum", studierten im Kreis-Archiv historische Zeitungen, kamen mit Experten zusammen
Interviews Vor allem aber interviewten sie ausländische Mitbürger über deren Erfahrungen als "Gastarbeiter"
Umfang 42 farbig gestaltete Text-Bild-Plakate, die allgemein über die Geschichte der "Gastarbeiter in Kempen" informieren, aber auch 27 Einzelschicksale darstellen
Herkunft Geboren am 28. Oktober 1967 in Düsseldorf
Beruf Journalist und Buchautor
Karriere Nach dem Abi Werbetexter; 1985-1988 Mitarbeiter der WZ in Meerbusch; 1993 Journalistenschule München; ab 1994 Redakteur beim Magazin der Süddeutschen Zeitung; 2000-2005 Chefredakteur des SZ-Magazins
Italien Ab 2002 Artikel für ein Italien-Heft über seinen Schwiegervater Antonio Limoncini
Bücher Im Jahre 2003 der Erstling "Maria, ihm schmeckt’s nicht"; 2005 folgte "Antonio im Wunderland", 2006 schließlich "In meinem kleinen Land".
Familie Jan Weiler ist verheiratet, hat zwei Kinder und lebt in Bayern.