Reportage Gänsehaut-Feeling im Freilichtmuseum

Grefrath. · In der Dunkelheit wirkt das Areal ganz anders. Die WZ war bei einer Führung dabei.

Bäume und Gestrüpp verleihen dem Ort bei Dunkelheit eine ganz besondere Atmosphäre. Foto: Reimann

Foto: Reimann, Friedhelm (rei)

Es herrscht eine gespenstische Stimmung im Niederrheinischen Freilichtmuseum. Der Wind lässt Bäume knarren, kein Huhn läuft, wie sonst, scharrend den Weg entlang, kein Kaltblut steht grasend auf der Wiese. Alles liegt im Dunkeln. Lediglich das Licht der schwankenden Sturmlaterne, die Mitarbeiter Jochen Scheel vor sich her trägt, erhellt das Szenario.

Was im Hellen bekannt ist, erhält in der Dunkelheit neue Dimensionen. Die Kreuzweg-Stationen ragen wie mahnende Elemente aus dem Boden. Und selbst der Grenzstein im Licht der Grablichter sieht nicht mehr wie ein Ort aus, an dem man gerne verweilt. Um diese Steine, die ein besonderes Merkmal in der Landschaft darstellen, ranken sich die Mythen. „Wer zu Lebzeiten die Grenzsteine versetzte oder über sie hinüber pflügte, der kam als Feuermann wieder. Ein Wiedergänger in Form eines Gerippes, aus dessen Brustkorb die Flammen schlugen.“ So tauchen Scheel und seine Zuhörer in die Mythologie ein.

Bei Nebel und Nacht muss ein „Feuermann“ den Weg zeigen, aber wehe dem, der ihm dies nicht mit einem „Gott, sei dir gedankt“ oder „Vergelt´s Gott“ dankte. „Der bekam eine Ohrfeige oder der Feuermann zündete sein Haus an“, sagt Scheel. Auch die Nachtalpe hielten sich gern an Grenzsteinen auf, sprangen auf die Schulter und sorgten für Alpträume. Der museumspädagogische Mitarbeiter lässt die Gestalten des Aberglaubens lebendig werden. Vor den geistigen Augen der Besucher zeichnet er tiefschwarze Nächte, in denen lediglich Gehöfte sowie Dörfer weithin an den außen angebrachten Laternen zu erkennen waren.

Aber da gab es auch die Irrlichter, die Seelen der ungetauft verstorbenen Kinder, die die Menschen mit ihrem Licht in die Irre führten, wobei sie bekanntlich Moore bevorzugten. Die Hexen waren ebenso aktiv, wie entsprechende Schutzvorkehrungen am „Tante Emma Laden“ zeigen. Besonders in den Nächten vor Allerheiligen und dem 1. Mai. Dann wurde Hexensabbat gefeiert.

 Berichte von Nachzehrern
und Wiedergängern

Im Schatten der Kutschenremise, die nur von zwei Grabkerzen auf dem Sargwagen schummrig beleuchtet wird, lassen Nachzehrer und Wiedergänger, von denen Scheel berichtet, eine Gänsehaut aufkommen. Dem Nachzehrer wurde so nachgesagt, dass er ganze Familien auslöschen konnte. „Im 16. Jahrhundert sind viele Gräber geöffnet worden, weil die Menschen ein Schmatzen aus dem Grab hörten, was ein Zeichen für einen Nachzehrer war“, sagt er und verrät im gleichen Atemzug, wie dem Einhalt geboten wurde. Starb jemand, so wurde die Uhr angehalten und ein Toter wurde immer mit den Füßen zuerst aus einem Haus herausgetragen, damit er nicht wieder zurückkommen konnte.

Welche Schutzvorkehrungen gab es vor „bösen Geistern“? Das erfahren die Teilnehmer der Führung an der Hofanlage Rasseln, denn dort werden sie angewandt: Hexen mit Fingerzeichen abwehren, Kreuze schlagen zum Schutz und Ausspucken zur Geisterabwehr - oder der Kienspann, der im „Maulaffen“ stand, woher auch der Ausspruch Maulaffen feilhalten kommt. Es ist eine Fülle aus dem Volksglauben, die sich um die Nacht rankt. Aber es gibt auch die guten Seelen der Nacht, die Hauskobolde und die Heinzelmännchen. „Diese wurde mit einem Schnäpschen besänftigt“, so Scheel und genau das gibt es auch zum Abschluss der späten Führung durchs Freilichtmuseum.