Rektoratsschule: Alles neu in der alten Schule

Etwa 100 Jahre hat das Gebäude auf dem Buckel. Für 650 000 Euro wird es nun umgebaut. Auf drei Etagen sollen bis Ende des Jahres sechs Wohnungen entstehen.

Kaldenkirchen. Die Ziegelstein-Fassade scheint gut in Schuss, die Kunststoff-Fenster in Ordnung zu sein - die gut 100 Jahre alte Rektoratsschule macht einen repräsentativen Eindruck. Jedenfalls von außen.

Das ändert sich allerdings schlagartig, sobald man das Gebäude betritt. Die Zimmer sind prächtig verwohnt, von großzügigem Zuschnitt der Räume kann kaum die Rede sein. Die sanitären Anlagen sind zum Teil Jahrzehnte alt, der Aufgang in den ersten Stock so steil, dass er mehr Leiter als Treppe ist. Einige der Decken sind so kunstvoll abgehängt, dass sie mitten durch die Fensterbögen gehen. Und im ersten Stock gibt es eine Toilette in einer Nische, die eher an einen Verschlag erinnert.

Hans Moors, Geschäftsführer Baugesellschaft Nettetal

"Dafür hätten wir bei einem Verkauf keinen guten Preis mehr erzielt", gibt denn auch Hans Moors, Geschäftsführer der Baugesellschaft Nettetal, unumwunden zu. "Und wer weiß, was der neue Besitzer mit dem alten Haus gemacht hätte? Vielleicht wären da Billig-Läden reingekommen . . ."

Deshalb beschloss die städtische Tochter, die seit 1968 Eigentümerin der Immobilie an der Ecke Severus-/Schützenstraße ist, einen ganz anderen Weg zu gehen: Sie investiert selber. Für knapp 650 000 Euro wird umgebaut. Vermutlich Ende des Jahres soll alles fertig sein.

Auf drei Etagen werden sechs Wohnungen (37 bis 60 Quadratmeter) entstehen. "Die Größe ergibt sich aus der Nachfrage", so Moors. Sprich: Derzeit hat die Baugesellschaft zu wenig kleine Objekte im Angebot. "Und obwohl wir mit den Arbeiten noch gar nicht angefangen haben, gibt es schon Anfragen von potenziellen Mietern", freut sich der Geschäftsführer.

Dabei weiß der gebürtige Kaldenkirchener von einer interessanten Entwicklung zu berichten. Bisher meldeten sich sowohl ältere Menschen - Alleinstehende wie Ehepaare - als auch Studenten von der Fachhochschule Fontys in der niederländischen Nachbarstadt Venlo. "Da sehen wir durchaus ein Betätigungsfeld für uns", so Moors mit Blick über die nahe Grenze.

Die Pläne für den Umbau der Rekoratsschule hat die Lobbericher Architektin Stefani Kremer ausgearbeitet. Das Gebäude wird zwar nicht völlig entkernt, aber soll nach dem Umbau nicht mehr wieder zu erkennen sein. Einer der beiden Eingänge wird geschlossen, das Treppenhaus verlegt, der Fußboden im Ergeschoss angehoben, damit die Proportionen innerhalb der Räume wieder ins Gleichgewicht kommen. Alle Wohnungen werden barrierefrei ausgebaut, ein noch einzubauender Aufzug fährt alle Geschosse an.

1841 Auf Anregung von Beamten, wohlhabenden Bürgern und Kaufleuten wird in Kaldenkirchen eine private höhere Knabenschule gegründet. Ziel: Jungen einem höheren Studium zuzuführen oder auf den Kaufmannsberuf vorzubereiten.

1854 Die Knaben- wird zur Rektoratsschule mit geistlichen (katholischen) Rektoren. Unterrichtet werden aber auch evangelische Kinder.

1938 Die Nazis schließen die inzwischen private höhere Knabenschule wegen ihrer christlichen Prägung.

1946 Am 4. November ist die Wiedereröffnung als kirchliche Rektoratsschule. 78 Kinder, davon erstmals 35 Mädchen, werden angemeldet.

2007 Derzeit wird die Realschule von fast 600 Schülern aus sechs Nettetaler Stadtteilen, aus Brüggen und Bracht besucht.

Standorte In 167 Jahren gab es sieben Standorte: Ab 1841 Kaplanei, 1866 Anbau an die katholische Pfarrkirche, 1900 Severusstraße 6, 1946 ehemaliges NSDAP-Heim Kehrstraße, 1950 Neubau Severusstraße (heute DRK-Kindergarten), 1972 Neubau Kornblumenweg 1.

Träger Die Schule erlebte sieben Träger: 1841-75 Private Rekoratsschule, 1875-94 Städtische höhere Knabenschule, 1898-1938 private höhere Knabenschule (Privatschule mit städtischem Kuratorium), 1946-50 Kirchliche Rektoratsschule, 1950-63 Städtische Realschule Kaldenkirchen, 1963-74 Kreis-Realschule und seit 1974 Städtische Realschule Nettetal.