Grefrath Vom Holzklotz zum Plastikstein
Im Freilichtmuseum ist ab Sonntag eine Ausstellung rund um Baukästen zu sehen. Exponate stammen aus mehreren Jahrzehnten, und es darf gebaut werden.
Grefrath. Herbert Kättner hatte ihn, Ingo Schabrich wollte ihn immer haben, hat ihn aber nie bekommen: einen Trix-Metallbaukasten. Doch beim Spiel mit Bauklötzen aus Stein ist beim Kulturdezernenten kein Frust mehr zu spüren. Jetzt geht es ihm und dem Vorsitzenden der Hoffmann-Stiftung nur noch darum, dass ihr Bauwerk nicht zusammenstürzt. Wie schon Millionen Kinder Jahrhunderte vor ihnen gezittert haben.
„Das Prinzip Baukasten. Vom Holzklotz zum Plastikstein“ heißt die Ausstellung, die am Sonntag im Niederrheinischen Freilichtmuseum eröffnet wird. „Spielen ist zutiefst menschlich“, sagt Kulturdezernent Schabrich. Schon in der Steinzeit hätten die Menschen mit Klötzen gespielt und sie übereinander gestapelt. So weit gehen die Ausstellungsstücke in der Dorenburg zwar nicht. Aber die Schau kann auf einen großen Fundus zurückgreifen, der aus der Stiftung Hoffmann kommt und nicht im Rahmen des Spielzeugmuseums gezeigt wird, sondern im Depot lagert.
Zu sehen sind 50 Baukästen von 20 Herstellern aus unterschiedlichen Epochen. Der rote Faden der Ausstellung sind die Materialien: Holz, Stein, Keramik, Metall und Kunststoff. Auf Schautafeln erfährt der Besucher etwas über die jeweilige Kategorie. In den Schaukästen sind einzelne Baukästen ausgestellt und verschiedene Modelle aufgebaut.
„Ich habe mich an einigen Bauten versucht“, berichtet der stellvertretende Museumsleiter Kevin Gröwig. „Und weiß jetzt, warum ich Geisteswissenschaftler und nicht Ingenieur bin.“
1877 hat Gustav Lilienthal, Bruder des Flugpioniers Otto, den Steinbaukasten erfunden. Seine Idee hat er an Friedrich Adolf Richter (Thüringen) verkauft, der damit ein Imperium aufgebaut hat. Der schwerste Baukasten der Ausstellung — es kann ein Landhaus errichtet werden — kommt aus diesem Unternehmen. Der kleinste stammt von der Firma S.F Fischer Spiel- und Holzwarenfabrik. Seine Klötzchen passen in eine Streichholzschachtel. Und der neueste ist ein Geschenk der Firma Fischertechnik namens Minirobots. Der kleine Roboter kam in diesem Jahr auf den Markt und kann Hindernissen ausweichen.
Hatte Lilienthal die Idee entwickelt und Richter die Fertigung, so entwickelte der Pädagoge Friedrich Fröbel zu Beginn des 19. Jahrhunderts den Baukasten zum Beschäftigungsspiel.
„Seit seinen Anfängen hat sich das Prinzip Baukasten nicht verändert“, sagt Gröwig. Allein das Material sei vielfältiger geworden und die Stabilität der Bauwerke habe sich durch ausgefeiltere Techniken verbessert. Dazu wurden im Laufe der Jahrzehnte Motoren beigefügt, wie Federn, Gewichte, Dampf- und Elektromotoren oder Kompressoren.
Spiele seien immer ein Spiegel der Zeit, so gibt es beispielsweise Bausätze für Panzer. Haben Mädchen noch bei den Holzklötzchen mitgemacht, so werden bei den Bausätzen Jungen angesprochen, sagt der stellvertretende Museumsleiter. Auf manchen Kästen schrauben Jungs im weißen Hemd und mit Krawatte an Maschinen. „Auch die Anleitungen für die Bauwerke sind anspruchsvoll“, weiß Gröwig nun auch eigener Erfahrung. Sie benutzten nicht nur die fachlich korrekten Begriffe, sondern zeichneten sich auch durch hervorragende Abbildungen aus, „die man durchaus an die Wand hängen kann“, so Gröwig. Was die Mitarbeiter des Freilichtmuseum auch gemacht haben.
Doch es geht bei der Ausstellung nicht nur ums Schauen, es darf auch gespielt werden. Vom einfachen Klotz über genormten Lochstreifen, die mit Schrauben zu einem Turm zusammengefügt werden können, bis hinzu Legosteinen stehen für Groß und Klein zur Verfügung. Dazu dürfen am Schaukasten mit den modernen Bausätzen Knöpfe gedrückt werden. Spätestens wenn der Mini-Kunststoff-Presslufthammer mit lautem Getöse losgeht, dürfte auch bei den jüngsten Besuchern der Spaßfaktor groß sein.