Wo der Deichgraf ein Fürst ist

Der gebürtige Hamburger Michael Pomplun führt gemeinsam mit seiner Frau Eva die Kneipe „Zum Fürsten Blücher“ in Grefrath. Vier Jahre möchten sie noch zapfen.

Foto: Kurt Lübke

Grefrath. In Grefrath scheint auch das Unmögliche möglich zu sein. Man würde denjenigen für verrückt oder zumindest verwirrt halten, der diese Einladung ausspricht: „Komm, wir gehen mal zum ,Fürsten Blücher’, vielleicht sehen und erleben wir da auch Ludwig II., den damaligen König von Bayern, oder einen Deichgrafen.“ Obwohl das alles nicht so ganz zusammenpassen mag, wird es in der Ortsmitte von Grefrath doch auf gewisse Weise Realität.

Die Auflösung: Da der frühere preußische Generalfeldmarschall Gebhard Leberecht von Blücher (1742 bis 1819) den Erzählungen nach bei einer seiner vielen Schlachten in die Nähe von Grefrath gekommen sein soll, heißt schon lange die Gaststätte am Markt „Zum Fürsten Blücher“. Und dort gibt es unter anderem das Weizenbier „König Ludwig“. Und ein gebürtiger Hamburger, Michael Pomplun schenkt aus — der früher von einigen seiner Kunden selbst als ein „Deichgraf“ bezeichnet wurde.

WZ-Serie: Auf ein Bierchen

Michael Pomplun, heute 61 Jahre alt, hat beruflich schon vieles gemacht, war unter anderem Tankwart, Monteur für den Dach- und Fassadenbau, Handelsvertreter und etwa zwei Jahre in Hamburg schon Pächter einer Gaststätte. Bei Montagearbeiten in Grefrath lernte er 1982 in einer Disco in Glabbach-Nettetal seine Eva kennen, die er 1986 heiratete. Mit der Gastronomie fing der damalige Außendienstler 1997 in Grefrath an. Und zwar im damaligen „Bierladen“ an der Stadionstraße. „Einige hat der Name dieses Lokals irritiert, weil sie glaubten, wir würden von dort nur Bier an die Kunden fässer- oder kistenweise ausliefern“ erinnert sich die Ur-Grefratherin, Eva Pomplun. Also entschied man sich für einen Namenswechsel: aus dem „Bierladen“ wurde schnell die Gaststätte „Zum Deichgrafen“.

2006 fing Michael Pomplun dann als Pächter, der er immer noch ist, in der Gaststätte „Zum Fürsten Blücher“ an. Etwa ein Jahr später gab er die Kneipe „Zum Deichgrafen“ ab. „Er hat mich einfach überredet mitzumachen, an sich sollte ich schon damals im Bierladen bei ihm nur einige Stunden aushelfen“, sagte seine Ehefrau schmunzelnd.

Mittlerweile sind die beiden seit 31 Jahren verheiratet. Eva kümmert sich seit vielen Jahren mit um das tägliche Geschäft, sie meistens morgens bei den Frühschoppen, er dann abends. Außerdem ist die Wirtin bei der Firma ihres Bruders noch in der Buchhaltung tätig.

Obwohl es am Markt lange eine Schankwirtschaft gegeben haben muss (auf der ersten Etage soll sogar mal ein Kino gewesen sein), wissen die Pompluns nicht, ab wann dies konkret so war. Heutzutage ist die Gaststätte eine reine Kneipe, gibt es einen geräumigen Thekenbereich mit bis zu 50 Plätzen und einen kleinen Saal (für maximal 40 Personen), der unter anderem von Vereinen, Schützen, Radfahrern, Sängern oder Privatpersonen genutzt werden kann.

Da die Kneipe auch eine Sportsbar ist, werden dort regelmäßig die Spiele der Fußball-Bundesliga übertragen. „Groß beklagen wollen wir uns nicht, aber der Betrieb ist auch hier etwas zurückgegangen, sicherlich haben wir viele Stammgäste, aber von unten kommt nicht viel nach“, sagt Michael Pomplun. Außerdem hatten sich einige Vereine im Laufe der Zeit aufgelöst, so der Taubenzuchtverein oder das Grefrather Karnevals-Komitee (GKK).

Ein Club hat ihnen über Jahrzehnte hinweg die Treue gehalten: der Sparclub mit dem Vorsitzenden Karl-Wilhelm (KW) Fliegen. Gemeinsam mit dem Club finden im Jahr zahlreiche Aktivitäten statt, vom Schweineblut über das Bingo bis zu großen Festen. Gern gesehene Stammgäste sind natürlich ebenfalls die Mitglieder des Grefrather Skatclubs „Die Heidebuben“, die dort trainieren und ihre Meisterschaftsspiele und Turniere austragen.

Die Öffnungszeiten: donnerstags, samstags und sonntags, jeweils von 10.30 bis 13 Uhr Frühschoppen; dienstags bis sonntags: ab 17 Uhr, Ende offen.

Seit über 20 Jahren werden die Eheleute in ihrem gastronomischen Betrieb von Gaby Faßbender unterstützt, die schon im früheren Bierladen bediente. „Vier Jahre möchte ich noch arbeiten, dann bin ich 65“, sagt Michael Pomplun. Die beiden gemeinsamen Töchter, Janine (31) und Kerstin (25), wollen die Gaststätte wohl nicht übernehmen.

An einer Tür zum Gastraum hatte Janine vor einiger Zeit in großen Lettern geschrieben: „Willkommen ,Zum Fürsten Blücher’. Der Ort, wo der Gast König und der Deichgraf ein Fürst ist. . .“